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„Wasserqualität – Waterkwaliteit“ – Harmonisierung der Phytoplanktonbewertung im deutsch-niederländischen Wattenmeer

Projektzusammenfassung (Summary / Samenvatting)

Die unerwünschte Anreicherung von Nährstoffen (Eutrophierung) ist in vielen europäischen Küstengewässern nach wie vor ein Problem, obwohl die in den letzten Jahrzehnten ergriffenen Maßnahmen bereits zu einem Rückgang der Nährstofffrachten aus den Flüssen und der Nährstoffkonzentrationen in den Küstengewässern und damit zu einer Verringerung der Auswirkungen auf Küstenökosysteme wie das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer geführt haben.

Derzeit dient die Phytoplankton-Biomasse (gemessen als Chlorophyll) als Schlüsselindikator für das Ausmaß der Eutrophierung. Da die bisherige Bewertung des Phytoplanktons in den deutsch-niederländischen Küstengewässern im Zuge der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu widersprüchlichen Ergebnissen führte, wurde dieses deutsch-niederländische Interreg-Forschungsprojekt gestartet, um zu einem umfassenderen Verständnis des Ökosystems Wattenmeer und einer harmonisierten Bewertung des Phytoplanktons beizutragen.

Dieses Projekt verfolgte eine innovative Perspektive, indem es einen multikausalen Forschungsansatz verfolgte und verschiedene Parameter, die das Phytoplankton und die Eutrophierung beeinflussen, in einer grenzüberschreitenden Analyse von Langzeitüberwachungsdaten und durch Ökosystemmodelle berücksichtigte. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Ergebnisse der Überwachungsdatenanalysen wurden kombiniert und in die verschiedenen Ökosystemmodelle integriert, um eine möglichst realistische Darstellung des Wattenmeersystems zu erreichen.

Die Datenanalysen und Modellierungsergebnisse zeigen, dass es keine wesentlichen Unterschiede in der Chlorophyllkonzentration zwischen dem deutschen und dem niederländischen Wattenmeer gibt. Die unterschiedlichen Chlorophyll-Grenzwerte, die derzeit in Deutschland und den Niederlanden gelten, werden durch unser wissenschaftliches Verständnis der natürlichen Bedingungen im Wattenmeer nicht gestützt. Weitere Modellierungsergebnisse zeigen, dass die erforderlichen Stickstoffreduzierungen in den Flüssen zur Erreichung des Bewirtschaftungsziels von jährlichen mittleren Gesamtstickstoffkonzentrationen von 2,8 mg/l an der limnischen/marinen Grenze möglicherweise nicht ausreichen, um einen guten ökologischen Zustand des Phytoplanktons in den Wasserkörpern des Wattenmeeres zu erreichen. Modellergebnisse und Datenanalysen deuten darauf hin, dass Chlorophyll nicht linear auf Stickstoffreduzierungen reagiert und dass Stickstoff nicht der einzige Faktor ist, der die Phytoplanktonbiomasse in den Küstengewässern des Wattenmeeres bestimmt.

Zwei Ökosystemmodelle wurden verwendet, um präeutrophe, historische Referenzbedingungen als Grundlage für die Ableitung von Grenzwerten für die Bewertung von Chlorophyll im Wattenmeer zu ermitteln. Dieser Ansatz (mit weiteren beteiligten Ökosystemmodellen) wurde auch von OSPAR verwendet, um harmonisierte Chlorophyll-Grenzwerte für die Eutrophierungsbewertung für die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) im Nordostatlantik abzuleiten. Die Modellergebnisse stützen die derzeitigen Unterschiede bei den Chlorophyll-Grenzwerten für die WRRL-Gut/Mäßig-Grenzen zwischen den Niederlanden und Deutschland nicht. Die Grenzwerte, die auf der Grundlage der präeutrophen Referenzwerte berechnet wurden, liegen in allen Wasserkörpern höher als die aktuellen WRRL-Grenzwerte. Die unterschiedlichen Ergebnisse der Modelle spiegeln die Unsicherheit in unserem Verständnis des hochdynamischen Wattenmeersystems wider und erschweren es uns, genaue Chlorophyll-Grenzwerte für die Zustandsbewertung des Phytoplanktons festzulegen.

Die verschiedenen Analysen der deutschen und niederländischen Langzeit-Planktondaten haben zu der neuen Erkenntnis geführt, dass die sichtbaren Veränderungen in der Phytoplanktongemeinschaft nicht ausschließlich auf Veränderungen der Eutrophierungssituation im Wattenmeer beruhen, sondern auch eine kontinuierliche, natürliche Verschiebung hin zu neuen Gemeinschaften widerspiegeln. Veränderungen einzelner Planktonparameter stehen in engem Zusammenhang mit Veränderungen der Umweltbedingungen. Da die Umweltbedingungen jedoch einem ständigen Wandel unterworfen sind (Veränderungen der Nährstoffgehalte, Klimawandel), ist es schwierig, einen Referenzzustand für das Phytoplankton zu beschreiben und zu bewerten. Das Fehlen eines stabilen Status quo macht es daher schwierig, Grenzwerte für verschiedene Planktonparameter festzulegen, um den ökologischen Zustand zu bewerten. Parameter, die die Dynamik der Gemeinschaft beschreiben (z. B. multivariate Biodiversitätsindikatoren), können jedoch verwendet werden, um Trends in der Phytoplanktonzusammensetzung aufzuzeigen und den Einfluss von Umweltfaktoren zu bewerten. Diese sollten in einem erweiterten und ganzheitlichen Ansatz zur Bewertung des Phytoplanktons im Rahmen der WRRL berücksichtigt werden.

Eines der Hauptziele dieses Projekts war es, einen alternativen Bewertungsansatz für das Phytoplankton im Wattenmeer zu entwickeln. Im Laufe des Projekts stellte sich dies als eine sehr komplexe Aufgabe heraus, bei der es uns gelang, einige grundlegende Prinzipien zu berücksichtigen. Zudem bietet das Projekt eine grundlegende Basis für ein wissenschaftlich fundiertes Systemverständnis des Wattenmeeres. Die Ergebnisse dieses Projekts tragen wichtige Erkenntnisse zu den derzeitigen Bewertungsverfahren für Phytoplankton und Eutrophierung bei und sind ein guter Ausgangspunkt für weitere Diskussionen und Entwicklungen auf wissenschaftlicher und politischer Ebene im Zusammenhang mit der WRRL, der MSRL und im Hinblick auf die künftige Arbeit im Rahmen von OSPAR. Darüber hinaus hat das Projekt die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den deutschen und niederländischen Behörden und Forschungseinrichtungen gestärkt und ein gemeinsames Verständnis für das grenzüberschreitende Problem der Eutrophierung im Ökosystem Wattenmeer gefördert.

Abschlussveranstaltung in Groningen im Oktober 2022   Bildrechte: NLWKN
Abschlussveranstaltung in Groningen im Oktober 2022

Projektbeitrag der Forschungsstelle Küste: Hochauflösende Modellierung des Emsästuars

Der Projektbeitrag der Forschungsstelle Küste beinhaltete hochauflösende numerische Modellierungen des Wattenmeeres, Emsästuars und Küstenvorfeldes. Das hierzu verwendete numerische 3D-Detailmodell stand als kalibriertes und validiertes Werkzeug für die Berechnung von Hydro- und Morphodynamik zur Verfügung und bildet auch die dort dominante Flüssigschlickinteraktion in der Unterems naturnah ab. Das Modellsystem wurde um ein Gewässergütemodul zur Reproduktion der beobachteten Phytoplankton- und Nährstoffkonzentrationen in der Unter- und Außenems unter Berücksichtigung der Flüssigschlickdynamik erweitert. Der hier gewählte Modellansatz ergänzt das multikausale Vorgehen im Gesamtprojekt um wesentliche, modelltechnisch relevante Aspekte im Wattenmeer, wie höherer räumlicher Auflösung in Verbindung mit dem Nass-Trockenfallen von Wattflächen sowie der Interaktion der Nährstoffe mit dem Sedimentkörper. Von besonderer Bedeutung sind hierbei der ästuarine Sauerstoffhaushalt (auch Anoxie) sowie die Phosphat-Remineralisierung aus dem Sohlsediment.

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Vergröberte Gitterdarstellung Ems-Dollart-Modell (li.)...
Bildrechte: NLWKN
...und jahresgemittelte (März bis September-2017) Chl-a (re.)

Um die Phosphat-Remineralisierung (P-Remineralisierung) im Modell zu berücksichtigen, wurde der Ansatz von Gypens et al. (2008) implementiert. Die Modellergebnisse zeigen, dass die P-Remineralisierung in der Sommerzeit im flachen Bereich zur Erhöhung von Chl-a führt und damit neben der Berücksichtigung des Trockenfallens im Modell einen wesentlichen Schritt zur Verbesserung der Modellergebnisse für das Wattenmeer darstellt.

Für die kleinräumige und zeitlich hoch aufgelöste Kalibrierung des Modellsystems wurde insbesondere auf Messdaten der Ferrybox an Bord des NLWKN-Schiffes Burchana zurückgegriffen.

Langjährige Monitoringstationen im Untersuchungsgebiet (links)... Bildrechte: NLWKN
Langjährige Monitoringstationen im Untersuchungsgebiet (links)...
...und exemplarisches FerryBox-Transekt von Norderney bis in das Ems-Ästuar für Sauerstoffgehalte (rechts). Bildrechte: NLWKN
...und exemplarisches FerryBox-Transekt von Norderney bis in das Ems-Ästuar für Sauerstoffgehalte (rechts).
Bildrechte: NLWKN

Projektdaten:

Laufzeit:
2019 bis 2022

Koordination:
NLWKN Betriebsstelle Brake-Oldenburg
Frau Dr. Lena Rönn
Im Dreieck 12
26127 Oldenburg
Tel: +49(0)441/95069-174
lena.roenn@nlwkn.niedersachsen.de

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Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Forschungsstelle Küste

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Jahnstraße 1
26506 Norden
Tel: +49(0)4931/947-0
Fax: +49(0)4931/947-125

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