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Gebietseigene Gehölze

Als Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt ist das Ausbringen von gebietseigenen Gehölzen in der freien Natur nach § 40 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) nur noch im Rahmen ihrer Vorkommensgebiete (VKG) möglich. Das Ausbringen der Gehölze und des Saatguts außerhalb des entsprechenden Vorkommensgebiets ist seit dem 1. März 2020 genehmigungspflichtig durch die untere Naturschutzbehörde.

Als Hilfe zur Gesetzesausgestaltung und -umsetzung veröffentlichte das Bundesumweltministerium 2012 einen „Leitfaden zur Verwendung gebietseigener Gehölze“ (BMU 2012). Dieser definiert unter anderem die Begriffe „freie Natur“ und „Gebietseigenheit“.


Was heißt „Gebietseigenheit“?
Als gebietseigen werden Pflanzen beziehungsweise Sippen bezeichnet, die aus Populationen einheimischer Sippen stammen, welche sich in einem bestimmten Naturraum über einen langen Zeitraum in vielen Generationsfolgen vermehrt haben und bei denen eine genetische Differenzierung gegenüber Populationen der gleichen Art in anderen Naturräumen anzunehmen ist.

Eine wild lebende Pflanzenart ist dann gebietsfremd, wenn sie in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt (vgl. § 40 Abs. 1 BNatSchG). Die Definition des Begriffs „gebietsfremde Art“ zieht daher nicht das Gebiet der gesamten Bundesrepublik Deutschland als Referenzraum heran, sondern nur einen Teil Deutschlands, das betreffende „Gebiet“. Daher kann ein Exemplar einer in Deutschland heimischen Art in einem konkreten Gebiet gleichwohl gebietsfremd sein.

Was heißt „freie Natur“?
Der Genehmigungsvorbehalt des § 40 BNatSchG gilt nur für das Ausbringen in der „freien Natur“. Das Ausbringen von Gehölzen gebietsfremder Arten im innerstädtischen und innerörtlichen Bereich sowie in Splittersiedlungen, Gebäuden zugeordneten Gärten und Wochenendhausgebieten im Außenbereich (sogenannter besiedelter Bereich) sowie Sportanlagen unterliegt nicht der Genehmigungspflicht. Generell von der Genehmigungspflicht befreit ist der Anbau in der Land- und Forstwirtschaft.

Abweichend sind außerdem Sonderstandorte, auf denen die Funktionssicherung Vorrang hat, sowie der Anbau von Obstgehölzen zum Zweck der Sortenerhaltung oder der Erhaltung traditioneller Kulturlandschaften zu betrachten.

Der Begriff der „freien Natur“ ist auch nicht nach den baurechtlichen Maßstäben des § 35 Baugesetzbuch (BauGB), sondern nach Sinn und Zweck der naturschutzrechtlichen Norm zu bestimmen. Demnach sind unter freier Natur zum Beispiel nicht die Wohn- oder Ziergärten im baurechtlichen Außenbereich zu zählen. Allerdings können auch Böschungen entlang von Straßen in diesem Sinne der freien Natur zuzurechnen sein.

Vorkommensgebiete gebietseigener Gehölze   Bildrechte: Bundesamt für Naturschutz / Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Vorkommensgebiete
Auf Grundlage der bestehenden naturräumlichen Gliederungen wurde eine Einteilung Deutschlands in sechs Vorkommensgebiete (VKG) vorgenommen. Diese dient als Basis für die Produktion und Ausbringung gebietseigener Gehölze. Die Karte der Vorkommensgebiete gibt es

Für forstliche Zwecke und forstliche Baumarten gelten teilweise andere Bestimmungen und Grenzen.

Forstliche Zwecke

  • Sollen Gehölze zu forstlichen Zwecken angepflanzt werden, so gelten anstelle des "Leitfadens zur Verwendung gebietseigener Gehölze" die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Empfehlungen aus dem Forstbereich, also u. a. die Herkunftsgebiete (HKG) nach dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG).

Nicht forstwirtschaftliche Zwecke

  • Für nicht forstwirtschaftliche Zwecke gelten die Herkunftsgebiete nach FoVG für die Forstbäume auch außerhalb der Wälder, wenn bei diesen Baumarten maximal sechs Herkunftsgebiete festgelegt sind.
  • Für alle anderen Arten (Forstbäume nach FoVG mit mehr als sechs Herkunftsgebieten, Baumarten, die nicht dem FoVG unterliegen, Sträucher) gilt die Einteilung nach den sechs Vorkommensgebieten gemäß der niedersächsischen Gehölzliste (s. u.).
    Bei der Schwarz-Erle (acht Herkunftsgebiete) kann dann beispielsweise im Vorkommensgebiet 1 (vgl. Abb. 1) eine forstliche Herkunft gewählt werden, deren Vermehrungsgut aus dem Geltungsbereich der Herkunftsgebiete 802 01 oder 802 02 (vgl. Abb. 2) stammen muss, während bei der Vogelkirsche die Herkunft 814 01 im gesamten Vorkommensgebiet 1 angepflanzt werden kann.

Geltungsbereiche Herkunftsgebiet / Vorkommensgebiet
nicht forstliche Zwecke / freie Natur forstliche Zwecke
nicht forstliche Baum- und Straucharten VKG (s. a. Abb. 1)
Bestimmungen und Empfehlungen aus dem Forstbereich (u. a. HKG)
forstliche Baumarten, mehr als 6 HKG VKG (s. a. Abb. 2)
forstliche Baumarten, max. 6 HKG HKG (s. a. Abb. 3)
HKG = Herkunftsgebiet nach FoVG --> Karten auf dem Geoportal GDI-BMEL (Art anklicken)
VKG = Vorkommensgebiet gebietseigener Gehölze --> Karte auf dem Geoportal GDI-BMEL


Die Zuordnung der Herkunftsgebiete der forstlichen Baumarten zu den Vorkommensgebieten der gebietseigenen Gehölzen in Niedersachsen ergibt sich aus der Umschlüsselungstabelle für Niedersachsen (PDF zum Download).

Abb. 1: Die Vorkommensgebiete gebietseigener Gehölze gelten u. a. für alle nicht forstlichen Baum- und Straucharten, die in der freien Natur ausgebracht werden sollen, s. a. Abb. 2.   Bildrechte: Bundesamt für Naturschutz / Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
Abb. 1: Die Vorkommensgebiete gebietseigener Gehölze gelten u. a. für alle nicht forstlichen Baum- und Straucharten, die in der freien Natur ausgebracht werden sollen, s. a. Abb. 2.
Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) - Beispiel für mehr als sechs Herkunftsgebiete   Bildrechte: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Abb. 2: Für forstliche Baumarten mit mehr als sechs Herkunftsgebieten gelten die Vorkommensgebiete (s. Abb. 1). Beispiel: Schwarz-Erle (Alnus glutinosa)
Vogel-Kirsche (Prunus avium) - Beispiel für sechs oder weniger Herkunftsgebiete   Bildrechte: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Abb. 3: Für forstliche Baumarten mit max. sechs Herkunftsgebieten gelten diese Herkunftsgebiete. Beispiel: Vogel-Kirsche (Prunus avium)

Gehölzliste

Innerhalb der Vorkommensgebiete definieren die einzelnen Bundesländer gebietseigene Gehölze und erstellen landesinterne Listen. Unter „Gebietseigenen Gehölzen“ werden vorrangig Arten gefasst, die nicht unter das Forstvermehrungsgutgesetz fallen. Die gebietsheimischen Baum- und Straucharten, die für Niedersachsen eine Relevanz besitzen, sind in einer Gehölzliste (PDF zum Download) aufgeführt und den entsprechenden Vorkommensgebieten zugeordnet. In einigen Regionen, z.B. auf den ostfriesischen Inseln und entlang der Küste, können auch regional begrenzt verbreitete Gehölze oder solche mit speziellen Standortansprüchen bei Pflanzmaßnahmen von Bedeutung sein, welche in der Gehölzliste nicht aufgeführt sind. In diesem Fall sollten Fachleute der Naturschutzverwaltung zur Beratung hinzugezogen werden.

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