Generalplan Küstenschutz Niedersachsen/Bremen - Schutzdeiche
Der Herausforderung Klimawandel vorausschauend begegnen - mit aktuellen Bespielen aus Küsten- und Hochwasserschutz
Von Frank Thorenz und Jörn Drosten
Im Jahr 2020 erstellte der NLWKN in enger Abstimmung mit dem Land Bremen den "Generalplan Küstenschutz Niedersachsen/Bremen – Schutzdeiche". Nach den Generalplänen für die Festlandsküste und die Ostfriesischen handelt es sich dabei um den dritten Teil der Generalplanung Küstenschutz. Die Generalpläne beschreiben die Küstenschutzstrategie zur Sicherung der Küstengebiete in Niedersachsen und Bremen gegen Überflutung und Erosion.
Sie stellen die für deren Umsetzung erforderlichen Maßnahmen in einer Gesamtschau dar. Ziel ist es, die Küstenregion als Siedlungs-, Wirtschafts- und Kulturraum mit ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft und fast 218 Milliarden Euro an Sachwerten langfristig für eine nachhaltige Nutzung zu sichern. Die Generalplanung bildet damit einen Kernbaustein des Hochwasserrisikomanagements für die Küstengebiete in Niedersachsen und Bremen.
An Ems, Weser und Elbe verhindern Sturmflutsperrwerke als Teil des Küstenschutzsystems in Niedersachsen und Bremen wirksam, dass Sturmfluten über die tidebeeinflussten Nebenflüsse weit in das Hinterland vordringen. Die auf Grundlage des niedersächsischen Deichgesetzes über eine Rechtsakt festgesetzten Schutzdeiche reichen vom Sperrwerk bis zur Tidegrenze. Sie gewährleisten bei Schließung des Sperrwerks, dass die Niederungsgebiete gegen Überflutung durch zuströmendes Oberwasser geschützt sind. Im Fall einer Fehlfunktion des Sperrwerks stellen sie zudem eine weitere Sicherheit dar. Die Erhaltung der Schutzdeiche liegt in Niedersachsen und Bremen überwiegend in der Verantwortung von Deichverbänden als öffentlich-rechtliche Körperschaften und unterliegt der Aufsicht der Deichbehörden.
Für die Erstellung des Generalplans Schutzdeiche wurden sämtliche Schutzdeiche in Niedersachsen und Bremen mit Hilfe von flugzeuggestützten Laserscanner flächenhaft neu vermessen. Damit wurde eine Bestandsaufnahme geschaffen, die erstmals einen vollständigen Überblick über die Situation aller betroffenen Deiche ermöglicht, aus welcher Handlungsbedarfe abgeleitet wurden. In Niedersachsen ergibt sich eine Gesamtlänge aller Deiche von rund 566 Kilometer und in Bremen von rund 32 Kilometer. In Kombination mit zusätzlichen Flutpoldern, die über Ein- und Auslassbauwerke gesteuert oder über definierte Überlaufschwellen angesprochen werden, mit naturnahen Deichvorländern als Überflutungsräume und Schutzwerken bilden diese ein zusammenwirkendes Schutzdeichsystem.
Die Höhe der Schutzdeiche wird nach dem zu erwartenden höchsten Wasserstand beim Sperren des Tidegewässers durch ein Sturmflutsperrwerk bestimmt. Diesen ermittelt der NLWKN gewässerspezifisch mittels hydronumerischer Berechnungen in Abhängigkeit von den orts- und gewässerspezifischen Rahmenbedingungen. Zusammen mit dem örtlichen Wellenauflauf und einem Mindestfreibord von 50 Zentimetern ergibt sich die Solldeichhöhe. Weiterhin definiert der Generalplan technische Standards für die präferiert in Erdbauweise auszuführenden Schutzdeiche.
Generelles Ziel ist es, für zukünftige Planungen und Maßnahmen an Schutzdeichsystemen im Kontext des Klimawandels bereits heute verschiedene möglichst flexible Anpassungsoptionen als Teil eines Hochwasserrisikomanagements weiter zu verfolgen. Hierzu zählen Untersuchungen zum Einfluss des Meeresspiegelanstiegs und der Veränderung der Oberwasserabflüsse, konzeptionelle gewässerspezifische Untersuchungen zu wasserstandsmindernden Maßnahmen sowie die Freihaltung von Planungsräumen für den Küstenschutz. Schutzdeiche sollten dabei bevorzugt in Erdbauweise ausgeführt werden, damit eine Nacherhöhung und Verstärkung einfach möglich ist und das Material wiederverwendet werden kann.
Der im Generalplan dokumentierte Investitionsbedarf von 625 Millionen Euro stellt einen Orientierungsrahmen für erforderliche Maßnahmen an den Schutzdeichen dar. Neben dem Abbau prioritärer Defizite wird als wesentliches Ziel formuliert, auf Basis des Generalplans flussgebiets- beziehungsweise gewässerspezifisch integrierte, ganzheitliche kostenoptimierte Konzepte und Planungen zu erstellen. Diese zielen auf die Entwicklung resilienter Schutzdeichsysteme bestehend aus Schutzdeichen, Poldern und Retentionsflächen, welche eine Anpassung an sich verändernde klimatisch-hydrologische Rahmenbedingungen ermöglichen. Hierbei besteht neben dem Ziel der Wasserstandsminimierung das Potential, in den Gewässerlandschaften Synergieeffekte zu nutzen und mit der Küstenschutzmaßnahme für den Naturschutz wertvolle Lebensräume zu schaffen.
Alle drei bisher veröffentlichten Generalpläne finden Sie hier.
Der Verlauf der Haupt- und Schutzdeichlinien finden Sie hier. (Heranzoomen auf einen Maßstab von 1:90.000 oder größer)
Artikel-Informationen
erstellt am:
15.06.2021
zuletzt aktualisiert am:
15.11.2024