Ein Integriertes LIFE-Projekt zur Rettung wiesenbrütender Vogelarten geht an den Start
von Heinrich Belting, Jürgen Ludwig und Dr. Markus Nipkow
Nach einer umfangreichen Antragsphase nimmt seit Ende 2020 ein neues LIFE-Projekt zum Wiesenvogelschutz Gestalt an. Im Rahmen des Förderprogramms für Integrierte LIFE-Projekte bewilligte die EU-Kommission ein länderübergreifendes Vorhaben, das die Staatliche Vogelschutzwarte im NLWKN beantragt hatte. Kurz vor Weihnachten 2020 konnte die Vereinbarung zwischen der EU-Kommission und dem Land Niedersachsen, vertreten durch sein Umweltministerium, unterzeichnet werden. Dem Land stehen dadurch in den kommenden 10 Jahren 27 Mio. Euro zur Verfügung, um Lebensräume der stark bestandsbedrohten Wiesenvogelarten zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen.
Der Landesanteil am Gesamtbudget beträgt in dieser Zeit 12 Mio. Euro, drei Millionen Euro steuern die beteiligten Partner in den Niederlanden bei, der Beitrag der EU beträgt ebenfalls 12 Mio. Euro. Weitere, das neue LIFE-Projekt ergänzende Projekte sollen in den nächsten Jahren als Komplementärvorhaben folgen, um die Breitenwirkung der Schutzbemühungen für Wiesenvögel noch zu erhöhen.
Das neue Projekt „Conservation of wet grassland breeding bird habitats in the Atlantic Region” – kurz „GrassBirdHabitats“ – wird an das schon 2011 begonnene LIFE-Projekt „Wiesenvögel“ anknüpfen, ist jedoch in seiner Zielsetzung weitreichender. Die Projektkulisse in der atlantischen Region Niedersachsens wurde um weitere für Wiesenvögel bedeutsame Gebiete auf nun 27 Projektgebiete erweitert sowie um Vorkommensgebiete der Uferschnepfe in den Niederlanden ergänzt. Hier sollen die Extensivierung der Flächennutzung und eine Optimierung der Wasserstände im Mittelpunkt stehen. Zu den internationalen Projektpartnern zählen daher auch die dortige Provinz Friesland und die Universität Groningen, wo ein Teil der Begleitforschung stattfindet. Aufgrund bedeutsamer Brutgebiete entlang der Küste besteht weiterhin eine enge Kooperation mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer.
Neu am integrativen Ansatz des Projektes ist, auch wichtige Rast- und Überwinterungsgebiete der Wiesenvögel in die Schutzstrategie einzubeziehen, um den vollständigen Lebenszyklus der Vögel zu betrachten. Zusammen mit westafrikanischen Partnern sollen Lösungen gefunden werden, damit die für Uferschnepfen wichtigen Habitate – wie sie vor allem in traditionell bewirtschafteten Reisfeldern noch existieren – nicht verloren gehen. Geplant ist, Modelle zur nachhaltigen landwirtschaftlichen Nutzung zu entwickeln und gemeinsam mit lokalen Farmern zu erproben. Wichtige Grundlagendaten für diesen Teil des Projektes liefert die Satelliten-Telemetrie von Uferschnepfen, mit der schon 2018 am Dümmer begonnen wurde. Inzwischen konnten 40 Uferschnepfen besendert werden, darunter 21 Alt- und 19 Jungvögel. Die Sender liefern in regelmäßigen Abständen exakte Daten über den Aufenthaltsort der Vögel. Ihre Zugrouten lassen sich auch auf einer Karte im Internet verfolgen.
Um Aktivitäten zum Schutz von Wiesenvögeln künftig stärker zu vernetzen und aufeinander abzustimmen, soll innerhalb der ersten Projektjahre ein „Strategisches Schutzkonzept für Wiesenvogellebensräume in der Atlantischen Region Europas“ entwickelt und international vereinbart werden.
Das neue Projekt des NLWKN gilt als das bisher größte EU-LIFE-Projekt Deutschlands. Bis zum Jahr 2030 wird das 16-köpfige Projektteam unter Leitung der Staatlichen Vogelschutzwarte alles daransetzen, um eine Trendwende unter den wiesenbrütenden Vogelarten nicht nur lokal, sondern auch landesweit und darüber hinaus zu erzielen. In einer Auftaktveranstaltung am 26. Mai 2021, die unter den gegebenen Verhältnissen als Videokonferenz stattfand, bekräftigten Staatssekretär Frank Doods und Anne Rickmeyer, Direktorin des NLWKN, ihre Unterstützung für das Projekt, das hervorragend geeignet sei, bestehende Kooperationen insbesondere mit der Landwirtschaft zu festigen, aber auch neue Wege der Zusammenarbeit zu entwickeln.
Artikel-Informationen