Das LIFE+-Projekt „Hannoversche Moorgeest“ – Ein Gewinn für Natur- und Klimaschutz
von Susanne Brosch
Bereits 2012 hat die EU-Kommission das LIFE+-Natur-Projekt „Hannoversche Moorgeest“ bewilligt, damit vier Hochmoore in der Region Hannover wiedervernässt werden können. 58 % der Gesamtkosten von 14,8 Millionen Euro trägt die EU, 35 % das Land Niedersachsen und 7 % die Projektpartnerin Region Hannover. Das Projektmanagement liegt im Geschäftsbereich regionaler Naturschutz der Betriebsstelle Hannover-Hildesheim. Bei der Umsetzung des komplexen Projektes arbeiten die Geschäftsbereiche Naturschutz und Wasserwirtschaft des NLWKN Hand in Hand.
Das Projektgebiet – das sind das Bissendorfer, Otternhagener, Helstorfer und das Schwarze Moor – umfasst 2.243 Hektar. Das Quartett gehört, trotz Entwässerung, zu den Top-Hochmooren in Niedersachsen, da das typische Arteninventar noch weitgehend vorhanden ist. 126 Biotoptypen und über 1.400 Tier- und Pflanzenarten wurden in den Naturschutz- und FFH-Gebieten erfasst. Die Moore wurden nur teilweise im bäuerlichen Handtorfstichverfahren abgetorft und so sind im Bereich der „Heilen-Haut-Flächen“ im Bissendorfer Moor noch Torfauflagen bis zu 7 Meter vorhanden.
Flächenbeschaffung
Seit Ende 2012 läuft begleitend das Flurbereinigungsverfahren „Hannoversche Moorgeest“ mit etwa 900 Grundeigentümern und über 2.200 Flurstücken. Aktuell sind bereits 87 % der Flächen in der Verfügbarkeit des NLWKN bzw. der öffentlichen Hand. Die noch ausstehenden Verhandlungen sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Ziele und Maßnahmen
Ab 2023 soll sich der stark gestörte Wasserhaushalt sukzessive wieder regenerieren. Ziel ist es, möglichst ganzjährig hohe Wasserstände zu erreichen und den Abfluss des Regenwassers zu minimieren. Ein eigens erstelltes hydrologisches Gutachten hat prognostiziert, dass die Wasserstände um bis zu 30 cm angehoben werden können.
Zur Wiedervernässung sollen in vier separaten Bauabschnitten zirka 30 km Entwässerungsgräben zurückgebaut und über 50 km Dammbauten (Ringwälle) aus vorhandenem Torf errichtet werden. Dies ist die wichtigste Voraussetzung für den Erhalt und die Ausbreitung hochmoortypischer Tier- und Pflanzenarten. Dazu gehören beispielsweise 23 erfasste Torfmoosarten sowie Arten wie die Große Moosjungfer (Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie), die Sumpfohreule, der Kranich, der Moorfrosch, der Sonnentau, die Rosmarinheide oder das Scheidige Wollgras.
Schwerpunkt der derzeitigen Arbeit des NLWKN ist die Fertigstellung der Ausführungsplanung und der Ausschreibungs- und Vergabeunterlagen für die umfangreichen anstehenden wasser- und erdbaulichen Maßnahmen in den vier Mooren. Im Herbst 2021 sollen die ersten Bagger im Schwarzen Moor rollen.
Klimarelevanz der Maßnahmen
Das Optimum der CO2-Bindung wird erreicht, wenn der Wasserstand im Torfkörper zwischen 0 und -10 cm liegt. Hier liegt auch das Optimum für das Torfmooswachstum in Hochmooren – eine ‚Win-win-Situation‘. Überstaute Flächen sind zwar naturschutzfachlich ebenso wünschenswert, tragen jedoch in hohem Maße zur Freisetzung von klimaschädlichen Methangasen bei. Bei dauerhaften Wasserständen von mehr als 20 cm unterhalb der Oberfläche beginnt die Oxidierung der Torfschicht bei steigender CO2-Freisetzung, unterhalb 40 cm wird das Torfmooswachstum nachhaltig geschädigt.
Um die Klimarelevanz von Mooren zu berechnen, ist das Monitoring der Wasserstände daher von entscheidender Bedeutung. Im Projektgebiet und den angrenzenden Flächen werden die Wasserstände seit 2007 an über 120 Messstellen kontinuierlich erfasst. Somit konnte bereits vor Projektbeginn ein genaues Bild der Flurabstandsklassen im Projektgebiet gewonnen werden. Die Messungen werden fortgeführt und dienen auch der Erfolgskontrolle nach der Projektumsetzung.
Auf der Grundlage der ermittelten Flurabstandsklassen, des digitalen Geländemodells (Relief), der vorhandenen Biotoptypen und der prognostizierten Veränderungen der Wasserstände und Vegetation erfolgte 2010 eine Berechnung der voraussichtlichen Klimarelevanz der geplanten Maßnahmen durch Prof. Dr. Höper (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie). Für den Zustand vor der Maßnahmenumsetzung wurde eine Emission von 20.774 t CO2-Äquivalenten/Jahr errechnet. Durch die Umsetzung der Wiedervernässungsmaßnahmen können voraussichtlich 2.700 t CO2-Äquivalenten/Jahr (das entspricht 13%) eingespart werden.
Dies ist zwar ein relevanter Beitrag zum Klimaschutz, der Emissionsminderung werden jedoch durch die hohe Reliefenergie im Projektgebiet (Höhenunterschiede bis zu 7 m, Wechsel von Torfstichen und Torfdämmen) und die hohen Schwankungsbreiten der Grundwasserstände auch Grenzen gesetzt. Eine signifikante Emissionsminderung kann nur bei Wasserständen zwischen 0 und 50 cm unter Flur erreicht werden. Diese machen lediglich 35% des Projektgebietes aus. Größere klimarelevante Erfolge können daher insbesondere bei industriell abgetorften Hochmooren erreicht werden, welche in der Regel eine homogene nivellierte Oberflächenstruktur aufweisen.
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