Niedersächsischer Weg: Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten als Kooperation zwischen Naturschutz und Landnutzung
von Danny Wolff, Jana Hemmen, Anne Richter-Kemmermann, Walter Schadt & Walter Wimmer
Flora, Fauna und Habitate, wesentliche Bestandteile der biologischen Vielfalt, sind in Niedersachsen zu sehr großen Anteilen historisch und aktuell stark durch menschliche Nutzung geprägt. Dies gilt auch für Natura 2000-Gebiete (Schutzgebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie und der EU-Vogelschutzrichtlinie) und Naturschutzgebiete, für deren Pflege und Entwicklung das Land Niedersachsen jeweils eine besondere Verantwortung trägt.
Neben der hoheitlichen Sicherung der FFH-Gebiete und der laufenden Natura 2000-Maßnahmenplanung bedarf es auch aktiver Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung der Gebiete, um bereits eingetretene negative Veränderungen ganz oder teilweise umzukehren oder drohende Verschlechterungen abzuwehren. Zur Konkretisierung und Abstimmung derartiger Maßnahmen mit anderen Akteuren und Nutzern sowie zur Akzeptanzförderung setzt das Land im Rahmen der Vereinbarung „Der Niedersächsische Weg“ auf das bewährte Instrument der „Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten“ mit landeseigenen Naturschutzstationen und meist verbandlich getragenen sogenannten „Ökologischen Stationen“. Diese naturschutzfachlich qualifizierte Betreuung, in enger Kooperation mit anderen regionalen Akteuren, ist schon seit Jahren ein Schlüsselfaktor für erfolgreichen Arten- und Biotopschutz.
Es ist geplant, zusätzlich zu den bereits bestehenden vier Naturschutzstationen des NLWKN und den zwölf derzeit vom Land geförderten „Ökologischen Stationen“ bis 2025 etwa 15 weitere Einrichtungen zur Gebietsbetreuung zu schaffen, maßgeblich finanziert über die Richtlinie NAL.
Zu diesem Zweck hat der NLWKN als Fachbehörde für Naturschutz und als Bewilligungsstelle gemäß der Richtlinie NAL im Jahr 2020 potentielle Trägerinnen und Träger weiterer Einrichtungen zur Gebietsbetreuung sowie untere Naturschutzbehörden intensiv beraten und unterstützt. Für Gebiete mit einem sehr hohen Anteil landeseigener Naturschutzflächen hat er eigene Konzepte erstellt und die Abstimmung mit unteren Naturschutzbehörden und weiteren Kooperationspartnerinnen und -partnern begonnen.
Beratung und finanzielle Förderung der Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten stellen auch in 2021 einen Arbeitsschwerpunkt des Geschäftsbereichs „Regionaler Naturschutz“ dar. In einer Arbeitsgruppe aus Niedersächsischem Umweltministerium, NLWKN sowie ausgewählten unteren Naturschutzbehörden und Ökologischen Stationen wird zurzeit auch geprüft, in welchem Umfang Anpassungen der bisherigen fachlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen erforderlich sind.
Wie groß der Bedarf an einer Ausweitung der Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten in Niedersachsen ist, zeigen zahlreiche Interessensbekundungen und Konzeptentwürfe aus allen Teilen Niedersachsens, sowohl für angestrebte Neueinrichtungen als auch für räumliche Erweiterungen oder finanzielle Aufstockungen.
Naturschutzstationen – der NLWKN vor Ort
Als Außenstellen seines Geschäftsbereichs Naturschutz betreibt der NLWKN in besonders bedeutsamen und großräumigen Schutzgebietskomplexen vier Naturschutzstationen am Dümmer, an der Ems, am Fehntjer Tief und an der Unterelbe. Diese leisten, überwiegend seit fast 30 Jahren, erfolgreiche Naturschutzarbeit vor Ort. Sie betreiben ein zielgerichtetes, flexibles Bewirtschaftungsmanagement öffentlicher Flächen, setzen anspruchsvolle Naturschutzprojekte zur Pflege und Entwicklung um (z.B. EU-LIFE-Projekte) und werden für eine fachbehördliche Beratung in Naturschutzfragen stark durch andere Behörden, Verbände und sonstige Stellen angesprochen.
Nach dem Eckpunktepapier „Vor-Ort-Gebietsbetreuung“ zur Vereinbarung „Der Niedersächsische Weg“ besteht darüber hinaus ein vordringlicher Bedarf zur Einrichtung von weiteren Naturschutzstationen des NLWKN, insbesondere für die Betreuung von landeseigenen Naturschutzflächen, in der oberen und mittleren Wümmeniederung sowie in der Landgraben-Dumme-Niederung. In Letzterer wird dabei das Modell einer „Kooperativen Naturschutzstation“ in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland angestrebt. Beide Partner beabsichtigten außerdem die Gebietsbetreuung in enger Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband Wendland-Elbetal und dem Bauernverband Nordostniedersachsen wahrzunehmen. Der NLWKN sieht darüber hinaus den Bedarf zur Einrichtung einer Naturschutzstation im Leinepolder Salzderhelden.
Ökologische bzw. biologische Stationen in Trägerschaft von Verbänden und Stiftungen
Für die aktuelle Förderperiode 2018-2021 hat der NLWKN als Bewilligungsbehörde gem. Richtlinie NAL die folgenden zwölf Träger von Einrichtungen zur Vor-Ort-Betreuung in einem Umfang von landesweit insgesamt 8.828.000,- Euro gefördert. Das Land unterstützt damit das z.T. schon seit vielen Jahren vor Ort gelebte Engagement mehrerer anerkannter Naturschutzverbände, ermöglichte aber auch die Neueinrichtung oder Fortführung erst kürzlich gegründeter Stationen in bedeutsamen Schutzgebieten. Durch die Zuwendungen wird auch gewährleistet, dass die Aktivitäten der Ökologischen Stationen durch Aufstellung von jährlichen Arbeitsplänen mit den für die Pflege und Entwicklung zuständigen Naturschutzbehörden einvernehmlich abgestimmt werden. Dies ist ein Aspekt, dem zukünftig aus fachbehördlicher Sicht des NLWKN zur Umsetzung von Natura 2000-Managementplänen eine noch größere Bedeutung beizumessen ist.
- Biologische Station Haseniederung e.V.
- Biologische Station Osterholz e.V. (BIOS)
- BUND Diepholzer Moorniederung
- Natur- und Umweltschutzvereinigung Dümmer e.V. (NUVD)
- Naturschutzring Dümmer e.V. (NARI)
- Ökologische NABU-Station Aller-Oker
- Ökologische NABU-Station Oste-Region (ÖNSOR)
- Ökologische NABU-Station Ostfriesland
- Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer e.V. (ÖSSM)
- Ökologische Station Landgraben-Dummeniederung des BUND (ÖSLDN)
- Ökologische Station Mittleres Leinetal e.V. (ÖSML)
- Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide e.V. (VNP)
Noch in Planung und Abstimmung durch verschiedene Träger befinden sich derzeit verschiedene Einrichtungen zur Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten in allen Regionen Niedersachsens. Dem Land Niedersachsen liegen mit Stand April 2021 etwa 15 Konzepte oder Interessenbekundungen vor.
Der NLWKN wird die Träger bei der Konzepterstellung weiterhin beraten und in Einzelfällen voraussichtlich schon in 2021 über einen Teil der eingereichten Förderanträge entscheiden.
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