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Das Sondervermögen als effiziente Finanzierungsquelle für den Hochwasserschutz
Erfahrungen und Perspektiven
Von Malte Schilling und Michel Radon
Mit der altbewährten Förderung von technischem Hochwasserschutz im Binnenland wurden bereits in der Vergangenheit Menschen geschützt, Schäden minimiert und wirtschaftliche Grundlagen erhalten. Das Hochwasser 2017 im südlichen Niedersachsen hat aufgezeigt, dass weitere überregionale und interkommunale Anstrengungen nötig sind. Vor diesem Hintergrund ergänzte das Niedersächsische Umweltministerium bereits ein Jahr nach dieser Katastrophe bestehende Förderinstrumente mit Geldern aus Landesmitteln.Seit den Siedlungsaktivitäten des Menschen an Gewässern wie Flüssen mussten sich die Bewohner mit den Gefahren durch Wasser auseinandersetzen. Heute gehört der Hochwasserschutz zum Wirkungskreis der jeweiligen Gemeinde. Da aber Wasser an kommunalen Grenzen keinen Halt macht, ist ein wirksamer Hochwasserschutz überregional und nach Möglichkeit vernetzt zu betrachten. Genau auf diesen Ansatz der kommunalen Zusammenarbeit zielt das neugeschaffene Sondervermögen „Hochwasserschutz“. Zudem sollen diese Mittel möglichst für umsetzungsreife Vorhaben eingesetzt werden, damit diese zeitnah ihre Wirkung entfalten können. Daher ist der Zusammenschluss von Kommunen zu einer Kooperation beziehungsweise zu einer Hochwasserpartnerschaft und ein dazugehöriges überregionales Hochwasserschutzkonzept eine Fördervoraussetzung.
Die Besonderheit bei dieser Finanzierungsquelle ist, dass das Schutzniveau nicht definiert sein muss. Vielmehr müssen die geförderten Vorhaben in ihrer Gesamtheit geeignet sein. Als Nachweis für diese Voraussetzung sind Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit beziehungsweise Schutzbedürftigkeit explizit darzustellen, damit die eingesetzten Ressourcen den Hochwasserschutz in der Region nachhaltig verbessern.
Für die Hochwasserpartnerschaften soll die Bereitstellung von Mitteln mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand abgewickelt werden. Im Sondervermögen gibt es daher zum Beispiel keine sogenannten Zuwendungsbescheide. Die Fördervereinbarung wird mittels eines Vertrags zwischen dem Umweltministerium und den Kooperationspartnern getroffen. In diesem Vertrag werden die aus dem Hochwasserschutzkonzept identifizierten Maßnahmen aufgenommen. Die priorisierten Vorhaben werden nach Prüfung als förderwürdig vereinbart. Das Sondervermögen bietet eine Fonds-Lösung an, was einen jahresübergreifenden Mitteleinsatz ermöglicht. Sofern im Zuge der Planung festgestellt wird, dass die Nachweise für eine weiterführende Förderwürdigkeit nicht mehr ausreichen, können in Abstimmung mit den Vertragsparteien die Prioritären und somit die projektbezogenen Mittel auf andere Vorhaben verschoben werden.
Im Rahmen halbjährlicher Sitzungen oder bei Bedarf können die Ziele auch nachjustiert werden. Diese neu vereinbarten Ergebnisse werden über Protokolle dokumentiert, die nach gemeinsamer Abstimmung Vertragsbestandteil werden. Somit können Vorhabenänderungen sowie Anpassungen von Terminen und Geldern innerhalb des vereinbarten Gesamtbudgets im gemeinsamen Dialog und somit unbürokratisch vorgenommen werden. Über den gesamten Prozess begleitet, beurteilt und unterstützt das die eingereichten und bewilligten Vorhaben und berät somit das Umweltministerium mit seinem fachlichen Knowhow.
Aus dem Sondervermögen „Hochwasserschutz“ kam es 2019 zum ersten Vertragsschluss mit der Gebietskooperation Innerste, mit der ein Fördervolumen von 15 Millionen Euro vereinbart wurde. 2020 folgten mit der Hochwasserpartnerschaft Nördliches Harzvorland und der Gebietskooperation Hochwasserschutz Obere Leine zwei weitere Kooperationen, denen jeweils eine Summe von fünf Millionen Euro zugesichert wurde. Aus dem Sondervermögen „Klimafolgenanpassung“ soll in 2022 die Hochwasserpartnerschaft Oberweser weitere fünf Millionen Euro für die Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen erhalten.
Mit der Aufsetzung des Sondervermögens hat das Land ein zweckmäßiges, relativ unkompliziertes und somit effizientes Förderinstrument geschaffen. Als ergänzende Finanzierungsquelle wird mit diesen Mitteln die Umsetzung von technischen Maßnahmen beschleunigt und die interkommunale Zusammenarbeit der Anrainergemeinden für den Hochwasserschutz gefördert und gestärkt.