Platz machen für Entwicklung an der Ems
Natürliche Lebensräume sollen in den Seitenbereichen der Ems entstehen
Von Claus Hinz
Als ein Pilotprojekt des Masterplan Ems 2050 soll eine ehemalige Emsschleife bei Coldemüntje (Landkreis Leer) wieder an die Tide der Unterems angeschlossen werden. Ehemals wertvolle ästuartypische, d. h. durch die Tide beeinflusste Lebensräume werden so wiederhergestellt. Nach dem Planfeststellungsbeschluss im August 2021 konnte jetzt die Umsetzung des Projektes „Tidepolder Coldemüntje“ starten. Die Bauvorbereitung ist abgeschlossen und das Gebiet für die Hauptmaßnahmen vorbereitet.
Als ein Ziel des Masterplans Ems 2050 sollen verlorengegangene, natürliche Lebensräume im Seitenbereich der Unterems geschaffen bzw. wiederhergestellt werden. In Verbindung mit der noch erheblich zu verbessernden Gewässergüte durch die Tidesteuerung soll wieder ein ökologisch lebendiger Fluss entstehen.
Bevor die Unterems begradigt, vertieft, befestigt und eingedeicht wurde, waren die Ränder der von Ebbe und Flut beeinflussten Unterems von Flachwasserzonen, Watten, Prielen, aber auch Stillgewässern und Tümpeln geprägt und z. T. mit Röhrichten, Auwäldern, Auengebüschen und Staudenfluren bewachsen. Der Einfluss der Tide reicht bis Herbrum. Insgesamt sollen, neben der hier vorgestellten Maßnahme Coldemüntje, weitere 500 ha Fläche für die vorgenannten, nunmehr fehlenden ästuartypischen Lebensräume an der Unterems im Rahmen des Masterplans Ems bis 2050 gesichert werden. Die Planungen hierzu erfolgen unter der Leitung des Geschäftsbereichs Naturschutz des NLWKN in Oldenburg.
Die Planung zum Tidepolder Coldemüntje als Pilotprojekt zur Schaffung ästuartypischer Lebensräume zog sich durch die Suche nach einvernehmlichen Lösungen für alle Beteiligten und Betroffenen hin. Insbesondere musste für den umfangreichen Bodenaushub zur Herstellung der Watt- und Gewässerflächen eine Einigung erzielt werden:
Rund die Hälfte des ausgehobenen Bodens wird im Polder zur Geländegestaltung, ein Viertel zur zeitgleichen Erhöhung der benachbarten Deichberme an der Ems sowie das letzte Viertel des Bodens zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung benachbarter Grünlandflächen genutzt. Eine Belastung der Gemeinde durch Bodentransporte konnte damit vermieden werden.
Um den Bodenschutz – insbesondere hinsichtlich Abtrag und Auftrag sehr verdichtungsempfindlicher Böden und der Verwendung des Bodens auf landwirtschaftlicher Fläche – Rechnung zu tragen, wurde ein umfassendes Bodenschutzkonzept entwickelt. Dies war auch eine entscheidende Grundlage für die Nutzungsverträge mit den Eigentümern der landwirtschaftlichen Flächen.
Der Landkreis Leer als zuständige Genehmigungsbehörde hat den Bau des Tidepolders Coldemüntje im August 2021 planfestgestellt. Im November, nach abschließender Einigung mit den Flächeneigentümern, wurde das Baufeld geräumt. Bäume und Büsche wurden mitsamt Wurzeln entfernt und Röhrichtflächen gemulcht. Im Februar 2022 kam dazu wegen des nassen und kaum tragfähigen Bodens eine Raupe der Staatlichen Moorverwaltung zum Einsatz, die wie eine Pistenraupe konzipiert ist und wenig Bodendruck ausübt.
Die vorbereitete Fläche wartet auf den zeitnahen Beginn der eigentlichen Umsetzung des Projektes. Hierzu wird auch die Planung und Ausschreibung des Einlassbauwerkes vorangetrieben. In Zusammenspiel mit dem Sedimentationsbecken wird dieses Bauwerk dafür sorgen, dass der Wasserstand im Polder später im Rhythmus von Ebbe und Flut schwankt, ohne zu viele Schwebstoffe hereinzulassen, welche das Prielsystem verschlicken könnten.
Die ursprünglich auf Teilflächen im Plangebiet bestehenden Wiesenvogellebensräume können in Bedekaspel/Großes Meer neu geschaffen werden. Im Tidepolder Coldemüntje selbst entstehen wertvolle Lebensräume für typische Tier- und Pflanzenarten, durch die auch die baubedingten Beeinträchtigungen der Fläche hier wieder ausgeglichen werden. Insbesondere die sich nach Abschluss der Maßnahme umfangreich entwickelnden Biotope: Brackwasserpriel, Brackwasserwatt, Röhricht des Brackwasserwatts und Tide-Weiden-Auengebüsche, aber auch der naturnahe Teich sind wertvolle, typische Lebensräume, die bisher an der Unterems weitgehend fehlten.
Sie können potentiell dann u. a. folgenden Arten als Lebensraum dienen: Rohrsänger, Schwirle, Blaukehlchen, Rohrweihe und weitere Brutvögel; Gänse und Enten als Gastvögel, Fischarten wie Dreistachliger Stichling, Flunder, Aal und ggf. auch Finte bei weitere Verbesserung in der Ems sowie u. a. Amphibien im Süßwasserteich.
Für das Projekt arbeiten Naturschutz und Wasserwirtschaft im NLWKN vor Ort gut und erfolgreich zusammen und werden die Umsetzung dieser Pilotmaßname weiter voranbringen.
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