NLWKN Niedersachsen klar Logo

Wer bemerkt den radiologischen Notfall?

Vorkehrungen des messtechnischen Katastrophenschutzes


Von Kevin Thiessen, Helge Behnsen, Kirsten Rupprecht

Radioaktivität können wir Menschen weder sehen, hören noch riechen. Dennoch begleitet sie uns als Prozess der Natur durchgehend in unserem Alltag. Für die öffentliche Sicherheit ist es von großer Wichtigkeit, die Umweltradioaktivität kontinuierlich mit Messgeräten zu erfassen, um dadurch frühzeitig mögliche Unregelmäßigkeiten in der vorhandenen Strahlungsmenge zu erfassen. Aufgrund des Gefahrenpotenzials kerntechnischer Anlagen betreibt der NLWKN für das Land Niedersachsen ein Messnetz zur Bestimmung des Strahlungspegels, genauer der Ortsdosisleistung – kurz ODL – in deren Umgebung. Dieses niedersächsische Messnetz ergänzt dadurch lokal das durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betriebene, deutschlandweite Messnetz, das aus mehr als 1.800 Messsonden besteht.

Was ist ODL?

ODL steht für Ortsdosisleistung. Dieser Wert wird in Sievert pro Stunde (Sv/h) gemessen und gibt vereinfacht gesagt Auskunft darüber, wie stark die ionisierende Strahlung an einem Ort ist. Durchschnittliche Werte für Niedersachsen liegen im Bereich von etwa 100 Nanosievert pro Stunde. Dies entspricht 0,0000001 Sv/h. Eine Durchschnittsperson in Deutschland wird im Jahr einer Strahlenbelastung von etwa 2,1 Millisievert (mSv) aus natürlichen Quellen und 1,7 mSv aufgrund medizinischer Anwendungen ausgesetzt. Andere zivilisatorische Strahlenquellen, wie bestehende Kernkraftwerke, die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl oder Atombombentests, liefern einen Beitrag von weniger als 0,01 mSv.
*leer Bildrechte: A.Hein, NLWKN
Die niedersächsischen ODL-Sonden des Typs Mira sind unter allen Wetterbedingungen im Einsatz.

Der jeweils aktuelle ODL-Wert wird vom NLWKN mit einer Messsonde des Typs MIRA bestimmt. Dieses vollautomatische Messsystem nimmt neben der ODL auch weitere Umweltparameter wie Temperatur und Niederschlag auf. Ein Solarpanel in Verbindung mit einem großen Akku ermöglicht auch im Notfall einen monatelangen, autonomen Betrieb. Die gesammelten Messdaten werden über das Mobilfunknetz an das Radiologische Lagezentrum (RLZ) in der Betriebsstelle Hildesheim übermittelt. Hier werden alle eingehenden Daten durch unsere fachkundigen Mitarbeiter ausgewertet. Bei erhöhten Messwerten würde vom System automatisch ein Alarm ausgelöst. Solche Alarmmeldungen werden zunächst auf Plausibilität geprüft, im Anschluss wird deren Ursache genauer untersucht.

Hinter einer erhöhten ODL muss nicht immer ein radiologischer Notfall stecken. Dafür gibt es verschiedene, häufig auch natürliche Erklärungen. Beispielsweise werden bei stärkeren Niederschlägen natürliche radioaktive Elemente und Stoffe aus der Luft „ausgewaschen“ und sammeln sich mit dem Niederschlag am Boden. Manchmal reicht schon eine Konzentrierung natürlicher Radionuklide durch Starkregenereignisse aus, um bei den Messsonden Alarm auszulösen. Aber auch Arbeiten auf dem Gelände der kerntechnischen Anlagen können einen temporären Anstieg der ODL verursachen, zum Beispiel, wenn radioaktive Materialien für einen Transport verladen werden.

Alle aufgezeichneten Messwerte werden täglich nach einer Prüfung durch unsere Mitarbeiter über das Portal https://www.odlonline.nlwkn.niedersachsen.de/ als Tagesmittelwerte veröffentlicht. So können sich alle Bürger selbst davon überzeugen, ob es in der persönlichen Umgebung ein erhöhtes Niveau an ionisierender Strahlung gibt.

Aufgabe der Zukunft - Erweiterung des ODL-Messnetzes

Seit 2001 wird ein ODL-Messnetz des NLWKN mit mehr als 20 Sonden an den Standorten der niedersächsischen Kernkraftwerke Grohnde, Unterweser, Stade und Emsland betrieben.

Mit der Neufassung des Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetzes (NKatSG) hat der Gesetzgeber einen Fokus auf den nuklearen Notfallschutz gelegt. Daher soll das ODL-Messnetz in den kommenden Jahren mit 100 neuen Sonden ausgeweitet werden. Allerdings sollen nicht nur Kernkraftwerke engmaschiger bestückt, sondern auch andere kerntechnische Anlagen wie Zwischen- und Endlager sowie mit Kernbrennstoffen arbeitende Industriebetriebe in der Überwachung berücksichtigt werden. In diesen Anlagen ist eine katastrophale Kernschmelze zwar nicht zu erwarten, allerdings könnte es zum Beispiel durch einen Brand oder einen Transportunfall zu einer lokalen Freisetzung radioaktiver Stoffe kommen.

*leer   Bildrechte: NLWKN
ODL-Messsonden um die Schachtanlage Asse II. Zu den neuen NLWKN-Sonden (blaue Punkte) im Umland werden zukünftig drei weitere Sonden direkt auf dem Betriebsgelände verteilt.


Woher kommen die mysteriösen Strahlungsspitzen?

Bei einer ODL-Sonde kam es in unregelmäßigen Zeitabständen zu kurzen Spitzen in der ODL. Diese waren weder durch natürliche Prozesse noch durch eine Freisetzung von radioaktiven Stoffen zu erklären. Handelte es sich hierbei um ein mögliches radiologisches Ereignis? Aufgrund des unregelmäßigen Auftretens war die Ursachensuche nicht einfach – doch die geschulten Mitarbeiter des NLWKN-Strahlenschutz forschten nach. Nach einiger Zeit fanden sie heraus, dass ein metallverarbeitender Betrieb in mehreren Hundert Metern Entfernung seine Bauteile mit einem radioaktiven Strahler überprüfen ließ. Dabei wird für sehr kurze Zeit eine hohe ODL in eine bestimmte Richtung erzeugt. Diese Wahl viel logischerweise in Richtung Freifläche und weg vom Siedlungsgebiet. Auf genau dieser Freifläche steht die besagte Messsonde. Aufgrund der kurzen Freisetzungszeit bestand zwar keine Gefahr für den Menschen oder die Natur, die Veränderungen der Ortsdosisleistung können trotzdem sehr gut gemessen werden.



Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
Tel: +49 (0)511 3034-3322 sowie +49 (0)4931/ 947 -173 und +49 (0)4931/ 947 -181
Fax: +49 (0)4931/947 - 222

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln