Rückblick 2021: Großprojekt an der Vechte erfolgreich abgeschlossen
Grenzüberschreitende Bemühungen um eine Verbesserung des ökologischen Zustands
Von Josef Schwanken
Im Mai 2021 starteten die Baumaßnahmen zum Rückbau des 1973 erbauten Vechtewehrs in Schüttorf. Das Ziel: die Vechte sollte für Gewässerlebewesen an dieser Stelle wieder besser passierbar werden. Der Abschluss des Projektes nach sechsmonatiger Bauzeit ist ein weiterer Meilenstein bei der Verbesserung der Durchgängigkeit des Flusses.
Den Anstoß für das Großprojekt in der Grafschaft Bentheim gab das Ergebnis einer 2016 durchgeführten Bauwerksprüfung. Dabei wurden erhebliche Mängel an dem fast fünfzig Jahre alten wasserwirtschaftlichen Bauwerk festgestellt. Seitdem war in Schüttorf nur noch eine von zwei Wehrklappen in Betrieb (Siehe Jahresbericht 2021: Ausblick 2021: Wehrrückbau macht Weg an der Vechte frei | Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (niedersachsen.de)).
Mit 30 Riegeln, bestehend aus großformatigen Blocksteinen, die bis zu zwei Tonnen wiegen, wird der bisher durch das Wehr überbrückte Höhenunterschied von über zwei Metern nunmehr treppenartig abgebaut. Die Riegel sind dabei mit Öffnungen versehen, die den Gewässerlebewesen – aber auch den Kanufahrern – eine Passage auch bei Niedrigwasser ermöglichen.
Für die Arbeiten wurde das Vechtebett durch die Errichtung zweier temporärer Dämme trockengelegt. Das Wasser wurde hierbei durch den parallel verlaufenden alten Vechtearm sowie zwei rund 300 Meter lange Rohrleitungen entlang des Baufeldes umgeleitet. Mitglieder des Sportfischereivereins Schüttorf sammelten mit Unterstützung des Landesfischereiverbandes tausende Muscheln und Fische aus dem Baustellenbereich und setzten sie andernorts wieder in die Vechte um. So konnte der Einbau der Riegel im Trockenen erfolgen. Die Wehranlage wurde größtenteils zurückgebaut und in das neue Bauwerk integriert. Die Anlage ist dabei so konzipiert, dass sie auch dem Fischotter, der immer häufiger an der Vechte gesichtet wird, eine Passage erleichtern kann.Gewässerstrukturen im Fokus
Im Rahmen des Vorhabens wurde aber nicht nur die Durchgängigkeit für Gewässerlebewesen verbessert: Auch die Gewässerstrukturen von Fluss und Ufer selbst standen im Fokus. Durch verschiedene Maßnahmen wurde die Vechte in dem Abschnitt ökologisch aufgewertet. Hierzu wurden zum Beispiel Totholz in das Gewässer eingebaut, Kiesbänke angelegt und Gehölze gepflanzt. Zwischen den beiden Vechtearmen in Schüttorf sorgt heute eine neue Verbindung in Form einer sogenannten Flutrinne für mehr Diversität. In kleinerem Umfang werden auch eigendynamische Entwicklungsprozesse angestoßen und toleriert.
Neben den positiven Effekten für die Natur konnte durch den Rückbau auch ein „optischer Gewinn“ (O-Ton Samtgemeindebürgermeister Manfred Windhaus) für die Kommune erzielt werden: Im Herzen der Stadt erfährt die Projektfläche durch die Renaturierungsmaßnahme eine deutliche Steigerung der Aufenthaltsqualität.
Gefördert wurde das Projekt mit Mitteln aus der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Fließgewässerentwicklung“ (FGE-Richtlinie) in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro.Wanderlustige Vechte-Fische scheitern in Nordhorn
Die Projekte des NLWKN stehen im Kontext grenzüberschreitender Bemühungen um die Vechte: Von Meppen aus wird intensiv mit den niederländischen und nordrhein-westfälischen Partnern unter anderem am Thema Durchgängigkeit gearbeitet. Ziel ist es, den Fischen die Wanderungen zwischen der Nordsee und ihren Reproduktionsräumen in den Oberläufen in Nordrhein-Westfalen wieder zu ermöglichen.
Wie sich das Wanderverhalten der Fische in der Vechte genau gestaltet, hat das grenzüberschreitende Projekt „Swimway Vecht“ ermittelt. Im Zuge des Projektes wurden verschiedene Wanderfischarten im Mündungsgebiet der Vechte – im Ijsselmeer – gefangen und mit Sendern ausgestattet. Durch entsprechende Empfangsgeräte an den Wehranlagen entlang der Vechte werden die Bewegungen der Fische erfasst. Dabei zeigt sich, dass z.B. Meerforellen die Vechte bis Nordhorn durchwandern können. An den beiden Wehranlagen in Nordhorn scheint jedoch ein Weiterkommen für die Fischfauna nicht möglich. Durch die Ergebnisse des Projekts wird die bestehende Vermutung bestätigt, dass die Wehranlagen nur eingeschränkt passierbar sind. Der Geschäftsbereich Betrieb und Unterhaltung des NLWKN in Meppen hat daher auch hier Planungen angeschoben, um eine Fortsetzung der Wanderungen zu ermöglichen.Artikel-Informationen