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Viel Kohle und Folie: Klima- und Moorschutz im Bezirk Lüneburg

Vorbildhafter Einsatz des NLWKN für den Klimaschutz auf landeseigenen Moorflächen


Naturschutzfachlich wertvolle Heile-Haut-Fläche im Aßbütteler Moor im Landkreis Cuxhaven: ein Geestrandmoor am Übergang zur Marsch   Bildrechte: Lars Panzer
Naturschutzfachlich wertvolle Heile-Haut-Fläche im Aßbütteler Moor im Landkreis Cuxhaven: ein Geestrandmoor am Übergang zur Marsch

Von Lars Panzer und Susanne Meyer

Zuwenig Wasser in Niedersachsens Mooren ist schlecht für Natur- und Klimaschutz. Niedersachsen trägt eine große Verantwortung für den Erhalt der Moore. Durch die KliMo-Richtlinie mit 4,7 Mio. € finanziert, werden vom Landkreis Celle bis hoch zum Landkreis Cuxhaven umfassende Wiedervernässungsmaßnahmen auf über 2.000 ha durchgeführt. Mit dem Bau von Moorpoldern wird der Wasserhaushalt in elf Projektgebieten optimiert, um einer klimaschädlichen Mineralisation des Torfkörpers entgegenzuwirken und eine Hochmoorregeneration einzuleiten.

Der gesamte Nordosten Niedersachsens gehört zum Bezirk Lüneburg und erstreckt sich von der Küste über die Heideregionen bis ins Wendland. Die elf Projektgebiete haben eine Gesamtgröße von rund 2.012 Hektar.   Bildrechte: NLWKN
Der gesamte Nordosten Niedersachsens gehört zum Bezirk Lüneburg und erstreckt sich von der Küste über die Heideregionen bis ins Wendland. Die elf Projektgebiete haben eine Gesamtgröße von rund 2.012 Hektar.

Projektskizze: KliMo-Projekt „Optimierung des Wasserhaushalts in Hochmooren im Bezirk Lüneburg“

Seit Ende 2017 wird in der Betriebsstelle Lüneburg des NLWKN an der Wiedervernässung von landeseigenen Flächen in elf Projektgebieten gearbeitet. Mit 4,7 Mio. € ist das Projekt bis Ende 2022 finanziell gut ausgestattet, um so in den Projektgebieten Flächen zu kaufen und auf Grundlage von wasserwirtschaftlichen Planungen umfassende Maßnahmen zur Optimierung des Moorwasserhaushaltes umzusetzen.

2000 Jahre Naturgeschichte im NSG „Oederquarter Moor“ im Landkreis Stade auf einen Blick: Deutlich ist der graue Elbmarschenlehm zu erkennen, auf dem das Moor mit einer Torfmächtigkeit von etwa 2 m, mit 1 mm pro Jahr, emporwuchs.   Bildrechte: Lars Panzer
2000 Jahre Naturgeschichte im NSG „Oederquarter Moor“ im Landkreis Stade auf einen Blick: Deutlich ist der graue Elbmarschenlehm zu erkennen, auf dem das Moor mit einer Torfmächtigkeit von etwa 2 m, mit 1 mm pro Jahr, emporwuchs.

Moorschutz und Ziele der Wiedervernässung

Moore entstehen durch Torfbildung. Nur bei Wasserüberschuss können torfbildende Pflanzen wie Torfmoose und Wollgräser gedeihen. Diese Prinzipien der Moorentstehung müssen auch zwangsläufig beim Moorschutz angewendet werden. Moorschutz ist daher gleichbedeutend mit Wiedervernässung.

Um eine positive Wasserbilanz zu erzeugen, muss der Niederschlag im Gebiet gehalten werden. Nur nährstoffarmes Regenwasser ist für den Zweck der Wiedervernässung von Hochmooren geeignet.

Der Rückhalt erfolgt durch den Bau von Verwallungen und den Rückbau von Entwässerungseinrichtungen, z. B. durch Kammerung von Gräben. So können große Mengen des Niederschlags zurückgehalten werden. Die so entstehenden Moorpolder sind nahezu abflusslos. Die Standortbedingungen entwickeln sich wieder zugunsten moortypischer Pflanzenarten wie z. B. Torfmoosen, Wollgräsern und Glockenheide.

Ergebnisse des KliMo-Projekts

Die ersten Baumaßnahmen wurden 2019 durchgeführt. Die vorläufige Bilanz nach Abschluss der meisten Baumaßnahmen:

  • Fläche des Grunderwerbs: 138 ha
  • Fläche der abgeschlossenen vertraglichen Gestattungen: 17 ha
  • Länge der gebauten Verwallungen: ca. 35 km
  • Anzahl der umgesetzten Grabenkammerungen: ca. 1.100 Stück
  • Anzahl der technischen Staubauwerke: 13 (Umsetzung teils im Sommer 2022)
  • Strecke der Grabenverfüllungen: 3.800 m
  • Länge der verbauten Folienhorizontalsperren: ca. 1.700 m
  • Unmittelbar durch das Projekt entstandene Polder und Vernässungsgebiete: ca. 660 ha.

Die endgültige Fertigstellung aller Baumaßnahmen ist für Herbst 2022 vorgesehen.

Bauarbeiten im Moor funktionieren nur mit Spezialgerät: Bodentransport mit Pistenraupe im Lichtenmoor im Landkreis Heidekreis.   Bildrechte: Lars Panzer
Bauarbeiten im Moor funktionieren nur mit Spezialgerät: Bodentransport mit Pistenraupe im Lichtenmoor im Landkreis Heidekreis.

Kurzfristiges naturschutzfachlich wertvolles Nebenprodukt der umfassenden Baumaßnahmen sind eine ungezählte Anzahl von Tümpeln und Blänken, die durch die Entnahme von Boden entstanden sind und schon kurzfristig als Lebensraum für Libellen, Amphibien und Reptilien zur Verfügung stehen. Auch die Avifauna reagiert kurzfristig. Arten wie Kranich, Waldwasserläufer und Bekassine stellen sich schon während der Maßnahmenumsetzung auf den wiedervernässten Flächen ein.

Wiedervernässtes Moorgrünland bringt Moorfrösche in Hochzeitsstimmung im NSG „Hohes Moor“ im Landkreis Stade.   Bildrechte: Gerd-Michael Heinze
Wiedervernässtes Moorgrünland bringt Moorfrösche in Hochzeitsstimmung im NSG „Hohes Moor“ im Landkreis Stade.
Schon zwei Jahre nach Wiedervernässung ein Libellen- und Amphibienparadies: Moorpolder im NSG „Sellstedter See und Ochsentriftmoor/Wildes Moor“ im Landkreis Cuxhaven   Bildrechte: Lars Panzer
Schon zwei Jahre nach Wiedervernässung ein Libellen- und Amphibienparadies: Moorpolder im NSG „Sellstedter See und Ochsentriftmoor/Wildes Moor“ im Landkreis Cuxhaven

Ohne Moos nichts los

Typisch für Moore ist ein ganzjähriger Moorwasserstand bis an die Geländeoberkante, ein sehr niedriger pH-Wert – das Moor ist sauer – und eine sehr geringe Nährstoffverfügbarkeit. Wenn diese Bedingungen im Idealfall eingestellt werden können, fällt es vielen „normalen“ Pflanzen- und Baumarten schwer zu gedeihen – freie Fahrt für typische Moorarten wie Torfmoose, Moosbeere und Wollgräser.

Ein guter Indikator für eine gelungene Wiedervernässung ist der Rückzug von Gehölzen. Schon nach kurzer Zeit können auf wiedervernässten Flächen typische Arten wie Spießtorfmoos und Scheidiges Wollgras aspektbildend vorkommen. Der „Grüne Torfmoosrasen“ wächst und der Verlust von Torf durch Mineralisation ist gestoppt.

Bis sich anspruchsvollere Arten, wie das Rote Torfmoos, etablieren und sich der erhoffte bunte Anblick des „Roten Torfmoosrasens“ gebildet hat, kann es aber mitunter lange Zeit dauern. In dieser späteren Phase fängt das Moor wieder an zu wachsen und Torf aufzubauen. Eine Phase aktiver Kohlenstoff-Speicherung hat eingesetzt, das Moor ist wieder zur Kohlenstoff-Senke geworden.

Wiedervernässter Moorwaldbereich mit Kiefern im NSG „Hemslinger Moor“ im Landkreis Rotenburg: Einige Torfstiche bilden die Ausgangspunkte für die Wiederbesiedelung mit hochmoortypischen Arten. Alles eine Frage des Wassers und der Zeit…   Bildrechte: Lars Panzer
Wiedervernässter Moorwaldbereich mit Kiefern im NSG „Hemslinger Moor“ im Landkreis Rotenburg: Einige Torfstiche bilden die Ausgangspunkte für die Wiederbesiedelung mit hochmoortypischen Arten. Alles eine Frage des Wassers und der Zeit…
Absterbende Birken als Indikator für die erfolgreiche Wiedervernässung eines sekundären Birkenwaldes im NSG „Sellstedter See und Ochsentriftmoor/Wildes Moor“ im Landkreis Cuxhaven   Bildrechte: Lars Panzer
Absterbende Birken als Indikator für die erfolgreiche Wiedervernässung eines sekundären Birkenwaldes im NSG „Sellstedter See und Ochsentriftmoor/Wildes Moor“ im Landkreis Cuxhaven
Drohnenaufnahmen vom Oederquarter Moor nach erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen im Frühling 2022   Bildrechte: Lars Panzer
Drohnenaufnahmen vom Oederquarter Moor nach erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen im Frühling 2022
Moor nassmachen aus Überzeugung! Das KliMo-Team aus Lüneburg (von links): A: Soltau, S. Körbel, B. Stutzmann, L. Brackelmann, P. Seide, S. Meyer und L. Panzer; es fehlen S. Scheerer und G.-M. Heinze.   Bildrechte: Danny Wolff
Moor nassmachen aus Überzeugung! Das KliMo-Team aus Lüneburg (von links): A: Soltau, S. Körbel, B. Stutzmann, L. Brackelmann, P. Seide, S. Meyer und L. Panzer; es fehlen S. Scheerer und G.-M. Heinze.


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Hintergrundinformationen

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Innovatives Verfahren zur Wiedervernässung hochliegender Flächen im Oederquarter Moor: Mit einer Abrollvorrichtung werden Folienbahnen als Horizontalsperre verlegt. Hinter dem Bagger ist die Torfabbaukante mit einer Höhe von 2 m zu erahnen.   Bildrechte: Lars Panzer
Innovatives Verfahren zur Wiedervernässung hochliegender Flächen im Oederquarter Moor: Mit einer Abrollvorrichtung werden Folienbahnen als Horizontalsperre verlegt. Hinter dem Bagger ist die Torfabbaukante mit einer Höhe von 2 m zu erahnen.

Folien-Horizontalsperre

In Schleswig-Holstein nicht ganz neu, aber in Niedersachsen dennoch selten angewendet, wurden im KliMo-Projekt Folien genutzt, die in den Boden als Horizontalsperren eingebracht worden sind. Vor allem hydrologisch gestörte Moore verlieren einen Großteil des Niederschlagswassers als Oberflächenabfluss und Abfluss in den obersten Bodenschichten. Horizontalsperren von wenigen Dezimetern Tiefe können diese Wasserverluste deutlich reduzieren. Folienhorizontalsperren können so erfolgreich in Heidemooren eingesetzt werden, wo geringe Torfmächtigkeiten den Bau von Verwallungen kaum möglich machen.

Ein anderer Anwendungsbereich von Folien-Horizontalsperren sind Bereiche mit schroffen Torfabbaukanten. Durch die Höhenunterschiede wird den höherliegenden Flächen sehr viel stärker Wasser entzogen, als dies bei torfigen Böden normalerweise der Fall ist. Durch die Nutzung von Folien, teilweise in Kombination mit Verwallungen, kann dieser Effekt minimiert werden, so dass auch schwierige Bereiche wiedervernässt werden können.

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Moore und Klimaschutz

Moore haben in Niedersachsen noch vor 150 Jahren große Flächen bedeckt. Als sehr spezieller und selten gewordener Lebensraum sind die verbliebenen Reste naturnaher Moore gesetzlich bzw. als Naturschutzgebiete geschützt. Nichtsdestotrotz sind nahezu alle Moorschutzgebiete durch Entwässerung stark beeinträchtigt. Dies hat große Relevanz für den Klimaschutz. Ist das Moor entwässert und der Torf nicht wassergesättigt, reagiert er mit Sauerstoff und mineralisiert. Das Moor wird zur CO2-Quelle, indem das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre abgegeben wird. Durch eine Wiedervernässung wird der Kontakt mit Sauerstoff verhindert und die Mineralisation unterbunden. So können die noch vorhandenen Torfkörper erhalten werden, das Moor wird wieder zur CO2-Senke.

Eine belastbare Bilanzierung der eingesparten Treibhausgasemissionen lässt sich erst mittelfristig erstellen. Diese erfolgt auf Grundlage der Biotoptypen. Hierzu werden in Zukunft Aktualisierungen der Biotoptypenkartierungen erfolgen. Erst wenn die Vegetation ausreichend Zeit gehabt hat, auf Wiedervernässung zu reagieren, kann abgeschätzt werden, welche Mengen an Treibhausgas im Boden gespeichert werden konnten.

Eine vorläufige Abschätzung der vermiedenen Treibhausgasemissionen kann vor allem für diejenigen Biotoptypen erfolgen, deren Emissionslast besonders hoch ist. Dies sind vor allem stark entwässerte Moorböden, auf denen intensive Landwirtschaft in Form von Ackerbau und Grünlandwirtschaft stattfindet. Aber auch extensiv bewirtschaftetes Grünland weist hohe Emissionsraten von Treibhausgasen auf, wenn es stark dräniert wird.

Nach erfolgreicher dauerhafter Vernässung solcher Biotope, mit Moorwasserständen bis auf Niveau der Geländeoberkante, können die Treibhausgasemissionen um 50 bis 75 % reduziert werden: Ein Klimaschutz-Faktor, der wohl in Zukunft eine sehr große Rolle spielen wird. Da auf einem Großteil der niedersächsischen Torfböden aktuell intensive Landwirtschaft betrieben wird, werden hier großflächig hohe Mengen an klimaschädlichen Treibhausgasen freigesetzt.

Hydrologische Unterteilung durch den Bau von Moorpoldern: Das Lichtenmoor im Landkreis Heidekreis war bisher stark von Entwässerung betroffen. Auf dem ehemals „lichten Moor“ breitete sich dichter Wald aus.   Bildrechte: Lars Panzer
Hydrologische Unterteilung durch den Bau von Moorpoldern: Das Lichtenmoor im Landkreis Heidekreis war bisher stark von Entwässerung betroffen. Auf dem ehemals „lichten Moor“ breitete sich dichter Wald aus.
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