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Wasser für die Hannoversche Moorgeest – Jetzt wird gebaut

Im LIFE+-Projektgebiet rollen seit September 2021 die Bagger. Erste Erfolge sind bereits sicht- und messbar.


September 2021 – Feierlicher Baustart im Otterhagener Moor: Umweltminister Olaf Lies eröffnete die Veranstaltung und warb für den Moorschutz. Mehr als 30 Akteure, die das LIFEE+-Projekt begleiten, folgten der Einladung in die Hannoversche Moorgeest.   Bildrechte: Jens Fahning
September 2021 – Feierlicher Baustart im Otterhagener Moor: Umweltminister Olaf Lies eröffnete die Veranstaltung und warb für den Moorschutz. Mehr als 30 Akteure, die das LIFEE+-Projekt begleiten, folgten der Einladung in die Hannoversche Moorgeest.

Von Susanne Brosch, Anne Schwob, Aaron Schad und Jessica Timm

Der Knoten ist geplatzt. Die umfangreichen Vorarbeiten und der lange Atem aller Beteiligten haben sich ausgezahlt. Das LIFE+-Projekt „Hannoversche Moorgeest“ ist in die Umsetzungsphase gestartet. Umweltminister Olaf Lies ließ es sich nicht nehmen, persönlich den Baustart mit dem Projektträger und allen beteiligten Akteuren zu feiern. Bis dahin mussten zahlreiche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden – nicht zuletzt 22 Klagen gegen die Flurbereinigung und Planfeststellungen.


Die erste Bauphase

Drei beauftragte Firmen haben parallel zwischen September 2021 und Februar 2022 in zwei Mooren gearbeitet, um die Maßnahmen zur Wasserrückhaltung umzusetzen.

Im kleinsten der vier Moore, dem Schwarzen Moor, wurden bis zum Jahresende 3,8 km Entwässerungsgräben verschlossen und zwei Staubauwerken errichtet. Die Erfolge sind im südlichen Bereich deutlich sichtbar. Die Stauanlagen funktionieren – das Wasser steht deutlich höher an.

Die Stauverwallung im Schwarzen Moor erfüllt ihren Zweck – das Regenwasser bleibt im Moor. Jessica Timm erläutert vor Ort die Maßnahmen.   Bildrechte: Jens Fahning
Die Stauverwallung im Schwarzen Moor erfüllt ihren Zweck – das Regenwasser bleibt im Moor. Jessica Timm erläutert vor Ort die Maßnahmen.
Gehölzentnahmen im Otternhagener Moor: Spezialmaschinen für den Mooreinsatz entfernen Gehölze und bereiten die freigestellten Trassen für den Bau von Torfdämmen vor.   Bildrechte: Jens Fahning
Gehölzentnahmen im Otternhagener Moor: Spezialmaschinen für den Mooreinsatz entfernen Gehölze und bereiten die freigestellten Trassen für den Bau von Torfdämmen vor.

Im Otternhagener Moor wurden ab September durch zwei Firmen auf einer Länge von 13,5 km und einer Breite von ca. 25 m Gehölze entnommen. Nur ein freies Baufeld ermöglicht es, dort mit Moorbaggern den anstehenden Torf für den Dammbau zu gewinnen. Zusätzlich wurden zahlreiche Entwässerungsgräben gekammert und ein Entlastungsgraben umgebaut. Auf einem ersten Teilstück von 600 m wurde ein Torfdamm hergestellt. Der Erfolg des Damms übertrifft deutlich die Erwartungen. Das Wasser an der Damminnenseite steht aktuell 40 cm höher an, als an der Dammaußenseite. Ab August 2022 wird der Auftrag zum Dammbau weitergeführt. Weitere Ausschreibungen folgen. Der Maßnahmenabschluss ist für Winter 2023/2024 geplant.

Im August 2022 starten die ersten Baumaßnahmen im zentralen Bereich des wertvollsten Hochmoors in Niedersachsens – dem Bissendorfer Moor. Der erste Bauauftrag umfasst die Freistellung von Arbeitstreifen und den Dammbau auf einer Länge von 5 km sowie die Herstellung von 55 Kammerungsverschlüssen in Entwässerungsgräben. Dabei wird besonders darauf geachtet, die wertvollen Lebensraumtypen auf der „Heilen-Haut-Fläche“ so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. „Tabuflächen“ werden vorab markiert und dürfen weder betreten noch befahren werden. Auch Kampfmittelverdachtsflächen fallen in diese Kategorie.

Um die schadlose Entwässerung der angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen zu gewährleisten, wird ein großer Vorfluter im südöstlichen Bereich um- und ausgebaut. Zehn Aufträge sind insgesamt für das Bissendorfer Moor zu vergeben. Die Maßnahmenumsetzung wird bis 2026 andauern.

Für das Helstorfer Moor ist der Maßnahmenbeginn für 2023 vorgesehen.


Die Gesamtplanung

Der Dimensionen der geplanten Baumaßnahmen sind gewaltig. Ca. 6 Mio. € beträgt das Gesamtbudget dafür. Auf einer Länge von 60 km sind Arbeitstrassen freizustellen, um Moordämme aus vorhandenem Torf zu errichten. 28 Überläufe werden dafür sorgen, dass der Wasserstand auch bei Starkregenereignissen reguliert werden kann. Fast 40 km Entwässerungsgräben werden verschlossen. All das dient dem Regenwasserrückhalt und der Regeneration der wertvollen hochmoortypischen Tier- und Pflanzenarten, wie der Libellenart Große Moosjungfer, der Sumpfohreule, dem Kranich, dem Sonnentau, der Rosmarinheide und über 20 Torfmoosarten.

Übersicht Baumaßnahmen im Projektgebiet

Schwarzes Moor

Bissendorfer Moor

Otterhagener Moor

Helstorfer Moor

Gesamt

Gehölzentnahmen

-

55 ha

45 ha

30 ha

130 ha

Torfdämme

-

26 km

23 km

11 km

60 km

Überläufe

-

10 Stück

8 Stück

10 Stück

28 Stück

Verschluss von Entwässerungsgräben

3,8 km

17 km

13 km

5 km

38,8 km

Gewässeraus-
und umbau

-

1,8 km

1 km

0,01 km

2,8 km

Stauanlagen

2 Stück

-

-

2 Stück

4 Stück


Die Akteure

Bei der Planung, Vorbereitung der Genehmigung, der Ausschreibung und Vergabe sowie der Bauüberwachung arbeiten die Geschäftsbereiche Naturschutz und Wasserwirtschaft der Betriebsstellen Hannover-Hildesheim und Sulingen des NLWKN Hand in Hand. In einem kleinen Kernteam sind naturschutzfachliches und technisches Wissen vereint, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Hierfür werden digitale Geländemodelle und Biotoperfassungen ausgewertet, Pegelstände kontrolliert, Vermessungen durchgeführt, Markierarbeiten durchgeführt, Expertengespräche geführt, Bauschilder aufgestellt und durch hohe Vor-Ort-Präsenz sichergestellt, dass die Baumaßnahmen möglichst reibungslos laufen. Die Region Hannover als Projektpartnerin und zuständige untere Naturschutzbehörde begleitet diese Prozesse und setzt selbst zahlreiche Maßnahmen im Projektgebiet um.

Baubesprechung im Otternhagener Moor: Aaron Schad stimmt sich mit der Baufirma zu den kommenden Arbeitsschritten ab.   Bildrechte: Jens Fahning
Baubesprechung im Otternhagener Moor: Aaron Schad stimmt sich mit der Baufirma zu den kommenden Arbeitsschritten ab.

Der Weg zum Erfolg

Bis zum Baubeginn wurden zahlreiche Hürden genommen. Im begleitenden Flurbereinigungsverfahren „Hannoversche Moorgeest“ wurden durch das Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser bisher 93 % der Flächen verfügbar gemacht. Dazu wurden 485 Landverzichtserklärungen, 173 Tauschvereinbarungen und 104 Gestattungsverträge mit Privateigentümern abgeschlossen. Annähernd 6,5 Mio. € wurden bisher dafür verausgabt. 15 Klagen von Eigentümern erschwerten seit 2015 den Fortgang des Verfahrens. Nach langwierigen Verhandlungen gelang im Frühjahr 2021 eine Einigung mit allen Klägern, was zur Rücknahme aller Klagen im Sommer führte. Noch in diesem Jahr soll der Flurbereinigungsbeschluss aufgestellt werden.

Für jedes der vier Moore wurde ein separates Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Dieses sichert maximale Transparenz, Öffentlichkeitsbeteiligung sowie ein konzentriertes Genehmigungsverfahren. Drei Planfeststellungsbeschlüsse sind bereits rechtskräftig. Auch hier haben sieben Klagen vor dem Verwaltungsgericht seit 2019 zu Verzögerungen geführt.

Der eingetretene Zeitverzug macht eine Verlängerung des Projektes notwendig. Der Antrag wird im Juni 2022 bei der EU-KOM eingereicht. Vier Jahre Verlängerung sind vorgesehen, um alle Maßnahmen bis August 2027 vollständig umzusetzen.


Öffentlichkeitsarbeit

Die Maßnahmenumsetzung hat eine hohe Akzeptanz bei den lokalen Akteuren und den Anwohnern. Die bisherige Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit hat sich ausgezahlt. Mit der Sichtbarkeit der Baumaßnahmen zeigt sich aber auch, dass einige Anwohner und Erholungssuchende noch Erklärungsbedarf haben. Zum einen werden die notwendigen Gehölzentnahmen teils kritisch hinterfragt, zum anderen ist der Zustand der Wege während der Bauphasen ein wichtiges Thema. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde durch das Projektmanagement noch einmal zusätzlich intensiviert. Dazu gehören u. a.:

  • Vorstellung der Baumaßnahmen auf Bauschildern
  • regelmäßige Sitzungen des Projektbeirates (lokale Stakeholder)
  • Besichtigungen und Erläuterungen der Baumaßnahmen vor Ort
  • Informationsveranstaltungen
  • Herausgabe von Presseinformationen
  • ständige Aktualisierung des Internetauftrittes
  • Informationsstand im Moorinformationszentrum Resse.

Für einen Einblick in das Gebiet empfiehlt sich ein Besuch im Moorinformationszentrum Resse, eine Begehung des Moorerlebnispfades im südlichen Otterhagener Moor oder die Besteigung des Nord- oder Südturms im Bissendorfer Moor.

Der erste Dammabschnitt im Otterhagener Moor ist dicht – der Wasserstand ist sichtbar gestiegen. Aaron Schad stellt Mitgliedern des Projektbeirates die umgesetzten Maßnahmen vor.   Bildrechte: Susanne Brosch
Der erste Dammabschnitt im Otterhagener Moor ist dicht – der Wasserstand ist sichtbar gestiegen. Aaron Schad stellt Mitgliedern des Projektbeirates die umgesetzten Maßnahmen vor.


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Hintergrundinformationen

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Projektsteckbrief


Projektdauer:

  • September 2012 bis August 2023 (Verlängerung um 4 Jahre beantragt)

Projektbudget:

  • 15,27 Mio. €

Finanzierungsanteile:

  • EU: 56 % (8,56 Mio. €)
  • Land Niedersachsen: 38 % (5,74 Mio. €)
  • Region Hannover: 6 % (1,0 Mio. €)

Projektabwicklung:

  • Projektträger: Land Niedersachsen (vertreten durch MU)
  • Projektpartnerin: Region Hannover
  • Projektmanagement: NLWKN, Betriebsstellen Hannover-Hildesheim, Geschäftsbereich regionaler Naturschutz (H4r1)
  • Maßnahmenumsetzung: NLWKN, Geschäftsbereiche Naturschutz (H4r1) und Wasserwirtschaft (S2), Region Hannover (UNB)
  • Umsetzungspartner: Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser (Flurbereinigungsbehörde)

Projektziele:

  • Anhebung der Wasserstände auf den Moorflächen und Schaffung sowie Verbesserung der Bedingungen für das Torfmooswachstum
  • Vergrößerung der Fläche waldfreier Hoch- und Übergangsmoore, Optimierung der Moorwälder
  • Stabilisierung von Populationen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten
  • Erhalt und Wiederherstellung eines günstigen Zustandes der moortypischen FFH-Lebensraumtypen und -Arten in den Mooren und ihren Randbereichen
  • Verringerung des CO2-Ausstoßes

Erwartete Resultate:

  • Ganzjährige Anhebung der Wasserstände im Torfkörper und Grundwasserleiter und dadurch nachhaltige Optimierung des Moorwasserhaushaltes
  • Wiederbelebung des Torfmooswachstums
  • großflächige eigendynamische Moor- und Moorwaldentwicklung
  • Einsparung von ca. 2.700 t CO2-Äquivalenten/Jahr

Projektunterstützer:

  • Gemeinde Wedemark
  • Stadt Neustadt
  • Stadt Langenhagen
  • Stadt Garbsen
  • Landeshauptstadt Hannover
  • Niedersächsische Landesforsten
  • Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore
  • BUND
  • NABU
  • Bürger für Resse e. V.

Ansprechpartner:

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