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Unverzichtbar: Deichvorland und Salzwiesen

klare Konzepte und echte Handarbeit für Natur, Küste und Klima


Wertvoller Naturraum, aber auch für den Küstenschutz von großer Bedeutung: Salzwiesen wie hier bei Neßmersiel.   Bildrechte: Hans-Jürgen Zietz/NLWKN
Wertvoller Naturraum, aber auch für den Küstenschutz von großer Bedeutung: Salzwiesen wie hier bei Neßmersiel.

Von Jörn Drosten

Mit starken Armen und klugen Konzepten schützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NLWKN-Betriebshöfe die Salzwiesen im Deichvorland. Davon profitieren zugleich die Natur, die Menschen hinterm Deich und sogar das Klima.

Küstenschutz – das ist mehr als nur Deiche und Sperrwerke: Niedersachsens Küsten schützt ein gestaffeltes Küstenschutzsystem aus den Inseln mit Strand, Schutzdünen und Rückseitenwatt, dem Watt, dem von Salzwiesen geprägten Deichvorland und dem Hauptdeich. Hinzu kommen teilweise vorgelagerte Sommerdeiche und/oder eine rückwärtige Zweite Deichlinie.

Salzwiesen – wertvoller Naturraum

Unter Deichvorland versteht man die Flächen zwischen Watt und Deich. Abgesehen von Hafen- und Standflächen handelt es sich dabei vor allem um sogenannte Salzwiesen. Die sogenannte Atlantische Salzwiese ist ein weltweit seltener und umso wertvollerer Lebensraum. Salzwiesen sind geprägt von einer hohen Dynamik und verdanken ihren Namen dem Meer: Mehrmals im Jahr überflutet die Nordsee bei Sturmfluten die Salzwiese, reißt an ihren Kanten Boden mit sich, lässt die Priele in den Salzwiesen ihren Lauf ändern und lagert neben Salz auch mitgeführten Schwebstoffe ab. Diese Bedingungen machen die Salzwiese zum Lebensraum seltener und hochspezialisierter Arten. Hier leben nur Pflanzen, die Salz tolerieren und die wiederkehrenden Überflutungen überstehen. Viele Vogelarten brüten im Deichvorland oder stärken sich dort für den kräftezehrenden Flug in die Brut- oder Überwinterungsreviere.

Die Atlantische Salzwiese genießt deshalb strengen Schutz: Sie zählt in Deutschland zu den gesetzlich geschützten Biotopen und ist nach europäischem Naturschutzrecht ein sogenannter prioritärer Lebensraumtyp. Zudem umfasst das europäische Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ fast alle niedersächsischen Salzwiesen.

Auch auf den Inseln wie hier auf Juist sind Salzwiesen als Naturraum von Bedeutung. Ebenfalls gut im Bild erkennbar sind die anthropogenen Beeinflussungen der Salzwiesenentwicklung.   Bildrechte: Hans-Jürgen Zietz/NLWKN
Auch auf den Inseln wie hier auf Juist sind Salzwiesen als Naturraum von Bedeutung. Ebenfalls gut im Bild erkennbar sind die anthropogenen Beeinflussungen der Salzwiesenentwicklung.

Salzwiesen und Küstenschutz

Für den Küstenschutz sind die Salzwiesen im Deichvorland unverzichtbar und ein wichtiges Element des Küstenschutzsystems: Salzwiesen schützen den Deichfuß vor Ausspülungen und bremsen die Wellen, die bei Sturmfluten auf den Deich prallen. Denn wo ein Deichvorland den Deich schützt, brechen die Wellen bereits weit vor dem Deich und verlieren dort einen Teil ihrer Energie. Entsprechend groß sind aber auch die Kräfte, die beständig bei Tidehochwasser und vor allem bei Sturmfluten auf die Salzwiesen einwirken. Sichtbarstes Zeichen ist eine abbrechende Vorlandkante.

Von Natur aus wachsen Salzwiesen langsam mit dem bereits seit dem Mittelalter steigenden Meeresspiegel. Der menschengemachte Klimawandel lässt die Nordsee inzwischen allerdings immer schneller steigen. Auch Salzwiesen werden immer größerer Energie ausgesetzt. Sie können in dieser Geschwindigkeit nicht mitwachsen. Entsprechend häufiger kommt es zu Überflutungen und auch die erosiven Kräfte der Wellen und Strömungen nehmen zu. Vor diesem Hintergrund hat Niedersachsen den Erhalt, die Entwicklung und Renaturierung von Salzwiesen als natürliche Küstenschutzelemente mit wichtiger Ökosystemleistung sowie als Lebensräume klimasensitiver und gefährdeter Arten unter anderem in der berücksichtigt.

Auch heute noch erleichtern nur wenige Hilfsmittel wie dieser Schlickschlitten die körperlich anstrengende Arbeit des Lahnungsbaus. Bildrechte: Lippe/NLWKN
Auch heute noch erleichtern nur wenige Hilfsmittel wie dieser Schlickschlitten die körperlich anstrengende Arbeit des Lahnungsbaus.

Küstenschützer als „Wachstumshelfer“: Lahnungsbau

Damit die Salzwiesen im Deichvorland auch in Zukunft ihre unverzichtbare Rolle erfüllen können, geben ihnen die Beschäftigten des NLWKN „Wachstumshilfe“: Sie bauen und pflegen sogenannte Lahnungen im Deichvorland, welche die Wellen und Strömungen bremsen. Parallel und quer zum Deich angeordnet bilden die Lahnungen sogenannte Lahnungsfelder, in denen sich während des Tidehochwassers das Wasser beruhigt und die von der Nordsee mitgeführten Schwebstoffe zu Boden sinken.

Der Bau der Lahnungen ist – trotz moderner Maschinen – immer noch echte Handarbeit: Klassische Buschlahnungen bestehen aus zwei Pfahlreihen, einer innenliegenden Wand in Holzbauweise und einer fest eingebrachten und mit Draht fixierten Füllung aus Strauchwerk („Busch“). Bei stärkerer Strömungs- und Wellenbelastung fällt die Wahl auch auf schwere Lahnungen aus Schüttsteinen, Betonsteinen oder Betonfertigteilen. So helfen die Beschäftigten von den Betriebshöfen des NLWKN den Salzwiesen im Deichvorland, auch künftig die Küste zu schützen. Zugleich leisten sie einen wichtigen Beitrag für den Erhalt dieses Lebensraums für seltene Pflanzen und Tiere.

Vorlandmanagement nach Plan

Der Schutz der Salzwiesen ermöglicht so eine wertvolle Synergie zwischen Naturschutz und Küstenschutz. Im Deichvorland gilt es daneben aber noch viele weitere Interessen zu berücksichtigen: etwa Landwirtschaft und Tourismus, aber auch die Anbindungen von Offshore-Windparks kreuzen das Vorland. Um alle Interessen möglichst ausgewogen unter einen Hut zu bringen, erarbeitet der NLWKN mit den zahlreichen Beteiligten nach und nach sogenannte Vorlandmanagementpläne. Sie beschreiben zum Beispiel, wo verstärkt Lahnungen errichtet, Entwässerungsstrukturen verändert oder wo das Deichvorland beweidet oder sich selbst überlassen werden soll. Damit bilden die Vorlandmanagementpläne den gemeinsam abgestimmten, über alle Interessen koordinierten Plan für die künftige Entwicklung des Vorlands.

Hierbei rückt zunehmend auch eine weitere wichtige Funktion in den Fokus: der Klimaschutz selbst. Denn der Boden von Salzwiesen enthält viel Kohlenstoff. Da die Salzwiese in direkter Beziehung mit dem Meer steht, spricht man von sogenanntem blauem Kohlenstoff, „blue carbon“. Bei klugem Management bleibt der Kohlenstoff – genau wie bei intakten Mooren – langfristig im Boden gebunden und gelangt nicht als Kohlendioxid oder Methan in die Atmosphäre.

Aktiver Lahnungsbau spielt bei der Gewinnung neuen Deichvorlands eine wichtige Rolle. Die Küstenschützer des NLWKN sind ganzjährig im Einsatz, um Lahnungen und Buschwerk instand zu halten.   Bildrechte: Enno Held/NLWKN
Aktiver Lahnungsbau spielt bei der Gewinnung neuen Deichvorlands eine wichtige Rolle. Die Küstenschützer des NLWKN sind ganzjährig im Einsatz, um Lahnungen und Buschwerk instand zu halten.
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