Hintergrundinfos zum LIFE-Projekt
EU-LIFE+-Projekt "Hannoversche Moorgeest": Hohe Wasserstände nach intensiven Baumaßnahmen
Von Aaron Schad & Susanne Brosch
Nach Abschluss der dritten Bauphase und ertragreichen Regenfällen sind die Moore so nass, wie lang nicht mehr. Trotz sehr schwieriger Bedingungen: Mehr als zwei Drittel der umfangreichen Baumaßnahmen sind erfolgreich umgesetzt! Sechs verschiedene Bauunternehmen haben seit 2021 Arbeitstrassen freigestellt, Torfdämme errichtet und Gräben verschlossen. Es funktioniert – das Regenwasser bleibt im Moor und fließt nicht mehr ungehindert ab. Das ist die Grundvoraussetzung für den Erhalt und die Entwicklung der im Hochmoor lebenden, geschützten Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräume. Die Maßnahmen im Schwarzen, Otternhagener, Bissendorfer und Helstorfer Moor sind die Basis für die Revitalisierung der vier Hochmoore und tragen damit gleichzeitig zum Klimaschutz bei. Der Abschluss der Maßnahmen ist für Winter 2026/2027 geplant.
Erfolgreiche Bauphasen sichern wichtigen Regenwasserrückhalt
Mit dem Abschluss der dritten Bauphase des EU-geförderten LIFE+-Projekts "Hannoversche Moorgeest" sind beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Die umfangreichen Arbeiten im Otternhagener und im Bissendorfer Moor und starke Niederschläge in der zweiten Jahreshälfte 2023 führten zu erheblich höheren Wasserständen im Torfkörper und Grundwasserleiter. Die Gesamtbilanz der bisherigen Arbeiten ist beeindruckend: 93 Hektar Arbeitstrassen sind von Gehölzen befreit. Dort erstrecken sich auf einer Länge von 41 Kilometern Moordämme aus vorhandenem Torf. Sie halten das wertvolle Regenwasser effektiv zurück.
Zusätzlich verhindern 326 Verschlusspunkte in Entwässerungsgräben den bisherigen Wasserabfluss. In jedem Jahr ruhen von Anfang März bis Ende Juli die Arbeiten, damit sich die empfindliche Tier- und Pflanzenwelt in den Mooren erholen kann. Im August 2024 beginnt die vierte umfangreiche Bauphase, um dem Renaturierungsziel Stück für Stück näher zu kommen. Dann wird gleichzeitig im Bissendorfer, Otternhagener und Helstorfer Moor mit mehreren Bauunternehmen gearbeitet.
Zum Einsatz kommen Spezialbagger. Breite Fahrketten stellen sicher, dass sie nicht im feuchten Moorboden versinken. In besonders nassen Bereichen werden zusätzlich Stahlplatten als Fahrhilfe für eine bessere Tragfähigkeit untergelegt. Im Bissendorfer Moor arbeitet sogar ein Schwimmbagger auf unsicherem Terrain.
Die bereits im Winter 2021/22 begonnenen Arbeiten im Otternhagener Moor werden kontinuierlich fortgesetzt. Auf den von Gehölzen freigestellten Dammtrassen verlaufen nun auf einer Länge von 21 Kilometer Moordämme. Sie sind durchschnittlich 0,8 Meter hoch und 6-8 Meter breit. Zusätzlich konnten hier zahlreiche Entwässerungsgräben mit über 180 Grabenkammerungspunkten verschlossen und unwirksam gemacht werden. Aktuell sind bereits mehr als drei Viertel der geplanten Arbeiten zur Optimierung der Wasserstände abgeschlossen.
Mit dem Beginn des vierten Baufensters im August 2024 werden im Otterhagener Moor erneut Spezialbagger rollen, um die letzten verbleibenden Restarbeiten bis Februar 2025 abzuschließen.
Geländebesichtigungen, Fotodrohnenkontrollen und Grundwassermessstellen zeigen positive Ergebnisse
Im Bissendorfer Moor finden seit 2022 die umfangreichsten Bauarbeiten statt. Mehrere Dammlinien um die zentrale baumfreie Fläche des Moores bewirken, dass sich das Regenwasser hinter den Moordämmen sammelt und das Porenvolumen im Torfkörper sukzessive wassergesättigt ist. Die Erfolge sind bereits deutlich sicht- und messbar. 120 Messtellen im Projektgebiet und auf den angrenzenden Flächen dokumentieren kontinuierlich die Wasserstände.
Auch das Fachteam des NLWKN und der Region Hannover überwacht die Wasserstände regelmäßig vor Ort und greift im Bedarfsfall regulierend ein. Steuerbare Überläufe ermöglichen ein gezieltes Ablassen des Wassers bei Starkregenereignissen. Darüber hinaus werden der Baufortschritt sowie die Funktionsfähigkeit der Dämme und Überläufe kontinuierlich mit Drohnenbefliegungen dokumentiert.
Die bisher erreichten deutlichen Fortschritte kommen nicht nur den durchziehenden und brütenden Kranichen zugute, sondern insbesondere den torfbildenden Torfmoosen. 25 verschiedene Arten wurden im Projektgebiet nachgewiesen und finden nun wieder bessere Lebensbedingungen vor. Letztlich profitiert das ganze Ökosystem Hochmoor von den nasseren Bedingungen. Hierzu gehören Arten wie der Sonnentau, die Rosmarinheide der Hochmoorbläuling oder die Libellenart Große Moosjunfger. In der baufreien Phase konnten auch öfter Krickentenpärchen oder der Seeadler im Projektgebiet beobachtet werden.
Umweltminister Meyer besucht das Moorprojekt: Best-practice-Beispiel für erfolgreichen Moorschutz
Am 22. August 2023 besuchte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer das LIFE+-Projekt „Hannoversche Moorgeest“ und zeigte sich beeindruckt von den bisherigen Erfolgen. Die fertig gestellten Moordämme und die laufenden Baggerarbeiten im Bissendorfer Moor hinterließen bei allen Teilnehmenden positive Eindrücke. Minister Meyer unterstrich die hohe Bedeutung des Projektes für Niedersachen und betonte seine Relevanz für den Klima- und Naturschutz.
Die Fortschritte beim Wasserrückhalt und die erfolgreiche Revitalisierung der Moore sind ein wichtiger Schritt für den Erhalt der durch die FFH-Richtlinie geschützten Lebensräume. Minister Meyer ergänzte: „Dieses LIFE+-Projekt ist ein „Bestpractice-Beispiel“ für gelungene großräumige Wiedervernässung und zeigt auf, was möglich ist, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen.“
"Hannoversche Moorgeest"-Projekt in UN-Dekade als TOP 10-Projekt 2023 ausgezeichnet
Das LIFE+-Projekt wurde im Rahmen des Projektwettbewerbs der UN-Dekade für die Wiederherstellung von Ökosystemen „Moore und Feuchtgebiete“ zum "TOP 10-Projekt 2023" gekürt. Bundesweit werden so repräsentative Projekte gewürdigt, die sich in besonderer Weise für den Erhalt, die Wiederherstellung und Pflege von Ökosystemen einsetzten. In insgesamt fünf verschiedenen Bewerbungsrunden werden Projekte aus verschiedenen Ökosystem-Komplexen zum Wettbewerb aufgerufen. Der Wettbewerb und die Auszeichnung herausragender Projekte sollen dazu beitragen, Initiativen bundesweit mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und die Entstehung neuer Aktivitäten zu fördern.
Als Top-10-Projekte erhält das Projekt "Hannoversche Moorgeest" eine Urkunde mit Unterschriften von Bundesumweltministerin Steffi Lemke und der Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Sabine Riewenherm, sowie das digitale UN-Dekade-Banner.
Projektmanagerin Susanne Brosch und das gesamte Projektteam freuen sich über die Auszeichnung. Seit 2012 wurde das Projekt intensiv, gemeinsam mit vielen Akteuren vorbereitet. Seit 2021 arbeiten nun mehrere Baufirmen gleichzeitig, um die umfangreichen Maßnahmen zum Regenwasserrückhalt umzusetzen. Die ersten Erfolge sind bereits deutlich sichtbar. Es funktioniert - wir sind auf dem richtigen Weg.
Ein vielversprechender Ausblick für das Moorprojekt
Die anhaltenden Fortschritte beim LIFE+-Projekt "Hannoversche Moorgeest" werden nicht nur die Wasserstände in den Mooren optimieren, sondern auch den Grundwasserspeicher langfristig stabilisieren. Die wassergesättigten Moorbereiche führen zu einer schrittweisen Reduzierung der Torfmineralisierung und somit zu weniger klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid. Das Projekt spielt eine entscheidende Rolle im Schutz und Erhalt lebendiger Moore, die als Hotspots der Artenvielfalt und natürliche Kohlenstoffspeicher von großer ökologischer Bedeutung sind. Bis 2027 werden die Bauarbeiten im Projektgebiet fortgeführt, um die ökologische Revitalisierung erfolgreich abzuschließen.
Das Moorgeest-Projektteam des Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) – bestehend aus den Kollegen und Kolleginnen des Geschäftsbereiches 4 Regionaler Naturschutz in Hannover und dem Geschäftsbereich 2 Planung und Bau in Sulingen – sowie die Projektpartnerin Region Hannover gehen hochmotiviert nach den ersten Erfolgen und mit neuer Energie nach der baufreien Zeit vom Frühjahr bis Sommer in die kommenden Bauphasen. Das Gesamtbudget des Projektes beträgt 17,5 Millionen Euro und wird von der Europäischen Union im Rahmen des EU-Umweltprogramms LIFE+ mit 8,5 Millionen Euro gefördert, während das Land Niedersachsen und die Region Hannover die restlichen Kosten tragen.
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