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Projekt GrassBirdHabitats: 27-mal Wiesenvogelschutz in Niedersachsen
LIFE IP-Projekt erhält 2023 Besuch von der EU und vom niedersächsischen Umweltminister Christian Meyer
Von Janina Ahrendt-Hitzegrad, Andreas Barkow und Silke Haack
Durch seinen außergewöhnlichen Artenreichtum ist das Vogelschutzgebiet Dümmer ein Hotspot der Biodiversität. Die nassen Feuchtwiesen bieten im März einen wertvollen Lebensraum für selten gewordene Wiesenvögel, die nach ihrer Rückkehr aus den Überwinterungsgebieten hier brüten und ihre Jungen großziehen. Im März 2023 bot dieser zentrale Projektstandort des LIFE IP-Projekts GrassBirdHabitats die passende Kulisse für einen Besuch von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer und Sylvia Barova von der EU, zuständig für LIFE-Projekte und Naturschutz.
Der Zeitpunkt des Ministerbesuchs markierte nicht nur die Rückkehr vieler Brutvögel aus den Überwinterungsgebieten, sondern auch das Ende des ersten Viertels der Projektlaufzeit. Eine Gelegenheit, ein erstes Zwischenfazit zu ziehen. Trotz diverser Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie ist dem ambitionierten Projekt ein guter Start gelungen. In Niedersachsen arbeiten sieben zusätzliche Gebietsbetreuer an der Entwicklung und Umsetzung von umfassenden Naturschutzmaßnahmen für Wiesenvögel. Es werden Flächen erworben und für Wiesenvögel optimiert.
Zentral ist die Wiedervernässung von ehemaligen Feuchtwiesen. Das ist am Dümmer schon in beeindruckender Weise gelungen. So zeigten sich auch Minister Meyer und Sylvia Barova im Ochsenmoor von der Gebietsentwicklung beeindruckt. Umweltminister Meyer sieht in GrassBirdHabitats ein „starkes Zeichen für den Natur- und Artenschutz“. Barova, die das Projekt von Seiten der EU begleitet, verkündete anlässlich ihres Besuchs, dass der aktuelle Projektantrag für ein weiteres LIFE-Projekt Godwit Flyway des Landes Niedersachsen zum 1. Juli 2023 bewilligt werden würde. Damit stehen weitere 15,8 Millionen Euro für den Wiesenvogelschutz zur Verfügung. Zusätzliche Mittel werden von den Projektmitarbeitern regelmäßig aus den Förderprogrammen des Landes beantragt. Während gerade noch umfangreiche Maßnahmen aus der letztjährigen EELA-Förderung (Erhalt und Entwicklung von Lebensräumen und Arten) umgesetzt werden, laufen längst schon wieder Planungen zur Beantragung nach der neuen BiolV-Richtlinie (Erhalt und Entwicklung der Biologischen Vielfalt).
Insgesamt profitieren 27 Vogelschutzgebiete in Niedersachsen von dem LIFE-IP GrassBirdHabitats. Durch EELA-Fördermittel konnten im Laufe des Jahres beispielsweise in der Bleckriede in der Diepholzer Moorniederung (V40), im Schweimker Moor (V33) oder in der Wiesenvogelschutzkulisse in vier küstennahen Moor-Naturschutzgebieten in den Landkreisen Cuxhaven und Stade Maßnahmen zur Optimierung der Wiesenvogelhabitate durchgeführt werden. Dazu gehören Staumaßnahmen, Gehölzentnahmen oder eine an sehr nasse Verhältnisse angepasste Mahd mit Spezialmaschinen. In anderen Gebieten, wie an der Unterelbe (V18), im Drömling (V46) oder in den Bornhorster Huntewiesen (V11) konnten mit Hilfe der EELA-Fördermittel maßnahmenvorbereitende Gutachten zur Vernässung vergeben werden.
Basis erfolgreicher Maßnahmenumsetzung in den Projektgebieten ist eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Landwirten vor Ort. Die Verringerung der flächenbezogenen Prämien im Zuge der aktuellen GAP-Reform (Gemeinsame Agrarpolitik der EU) erfordert ein Umdenken, weshalb am Dümmer gemeinsam mit Pächtern ein Fördermodell für Landwirte im Wiesenvogelschutz erarbeitet wird. Das so genannte „Business Modell“ mit dem Slogan "Der Landwirt wird zum Vogelwirt" soll Landwirtschaft in Wiesenvogelschutzgebieten trotz geringerer Erträge attraktiver machen.
Mit dem neuen LIFE Projekt Godwit Flyway wird über die Zielart Uferschnepfe (engl.: Black-tailed Godwit, daher der Projektname) eine Brücke zwischen den niedersächsischen Brutgebieten, den Rastgebieten in Portugal und den Überwinterungsgebieten in Gambia, West Afrika geschlagen. Der Schutz muss den gesamten Zugweg (engl.: Flyway) der Art abdecken, um das Projektziel zu erreichen: Eine Trendumkehr der Bestandsentwicklung dieser niedersächsischen Brutvogelart. Entsprechend arbeitet der NLWKN und niederländische LIFE-Projektmitarbeiter der Universität Groningen gemeinsam mit Partnern in Niedersachsen, Portugal und Gambia zusammen, um die Fortsetzung eines ganzheitlichen Wiesenvogelschutzes für Uferschnepfen und über 40 weitere heimische Wiesenvögel wie Kiebitz, Rotschenkel, Brachvogel, Bekassine, Braunkehlchen, Wiesenpieper und Feldlerche, zu fördern.
Information zum LIFE IP Projekt „GrassBirdHabitats“ (LIFE19 IPE/DE/000004)
Der Schutz von Wiesenvögeln wie Uferschnepfe, Kiebitz und Brachvogel und deren Lebensräumen stehen im Fokus des von der Europäischen Union im Rahmen des LIFE-Programms geförderten Projekts. Ziel ist es, ein strategisches Schutzkonzept für Wiesenvogellebensräume in Westeuropa zu entwickeln, um Aktivitäten zu vernetzen und gezielte Schutzmaßnahmen abzustimmen. In Niedersachsen werden hierfür in 27 Projektgebieten, wie beispielweise am Dümmer, der Unterelbe oder der Hunteniederung, wiesenvogelfreundliche Maßnahmen umgesetzt. Hier gilt es beispielsweise, die Flächennutzung zu extensivieren und die Wasserstände zu optimieren.
Das Gesamtbudget des über zehn Jahre laufenden Projekts beträgt rund 27 Millionen Euro, darin 12 Millionen des Landes Niedersachsen. Das Niedersächsische Umweltministerium als Projektträger hat die Staatliche Vogelschutzwarte im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit der Umsetzung des Projekts beauftragt. Partner in Niedersachsen sind die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und das Büro BioConsultOS. Projektpartner in den Niederlanden sind die Provinz Friesland, die Universität Groningen sowie die landwirtschaftliche Kooperative Collectief Súdwestkust (SWK) und der Naturschutzverband BondFrieseVogelWachten (BFVW). Im Rahmen des Projektes werden über 40 Arbeitsplätze der einzelnen Projektpartner finanziert.
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