Betreuungsstationen an Belastungsgrenze: S.O.S. für Schlangen und Schildkröten
Das Aussetzen von Haustieren hat gravierende Folgen
Von Mirja Püschel, Jens Leferink und Fabian Buß
Hannover. Die Haltung nicht-heimischer Tiere wie Schlangen, Papageien oder Schildkröten ist anspruchsvoll und mit hohen Kosten verbunden. Herausforderungen, die viele private Halterinnen und Halter unterschätzen und schnell an ihre Grenzen bringen. Es kommt deshalb immer häufiger dazu, dass Tiere ausgesetzt werden. Ein Problem, das auch in Niedersachsen leider zunimmt. Die Folge: viele ehrenamtlich arbeitende Betreuungsstationen in Niedersachsen stoßen an ihre Belastungsgrenzen.
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) beobachtet seit längerer Zeit, dass es immer beliebter wird, nicht-heimische Tiere als Haustiere zu halten. Das Problem hierbei ist, dass viele sich leider nicht über die langfristigen Anforderungen und Risiken im Klaren sind. Im Vorfeld ist es besonders wichtig, sich vor der Aufnahme von Tieren intensiv mit der Art, den Haltungsanforderungen, den Bedürfnissen, möglichen Krankheiten, den zu erwartenden Kosten über die gesamte Lebensspanne zu befassen und nicht zuletzt auch über die Besitz- und Vermarktungsverbote für besonders geschützte Arten zu informieren. Ansonsten kann die Haltung und die Pflege schnell zu anspruchsvoll oder teuer werden. Als Ausweg sehen viele leider immer mehr das Aussetzen der Tiere, was nach dem Tierschutzgesetz verboten ist.
Die Konsequenzen dieses Verhaltens müssen unter anderem die 16 ehrenamtlich arbeitenden Betreuungsstationen auffangen, mit denen der NLWKN eng kooperiert. Diese versuchen, die Tiere aufzunehmen und zu versorgen – und kommen dabei an ihre räumlichen und personellen Grenzen. Die Zahlen zeigen eine klare Tendenz, wie das Beispiel Wildtier- und Artenschutzstation in Sachsenhagen zeigt: Vor zehn Jahren wurden dort jährlich noch etwa 2000 Tiere betreut. Mittlerweile werden dort regelmäßig mehr als 3000 Tiere im Jahr aufgenommen, wobei die Zahl der betreuten Reptilien einen immer höheren Stellenwert einnimmt, betont deren Leiter Dr. Florian Brandes.
Ein Beispiel, das exemplarisch für viele Stationen in Niedersachsen steht. Denn neben den vielen heimischen Arten wie Singvögeln, Eichhörnchen oder Igeln, für die immer das Ziel einer Auswilderung im Vordergrund steht, sind nicht-heimische Haustiere wie Schlangen, Schildkröten oder Papageien auf eine dauerhafte Unterbringung angewiesen – und blockieren so Plätze für weitere hilfsbedürftige Pfleglinge.
Welche dramatischen Dimensionen das Aussetzen nicht-heimischer Tiere mittlerweile angenommen hat, wurde im Landkreis Emsland deutlich. Dort wurden im August 2023 zehn Königspythons gefunden. Eine Schlangenart, die in unseren Breitengraden nicht in freier Wildbahn überleben könnte. Die Betreuungsstation im Tierpark Nordhorn nahm die Tiere auf, kam dabei nach eigenen Angaben allerdings an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Tiere waren bei den Temperaturen recht träge. Eine Schlange war bereits verstorben als sie bei uns abgegeben wurde, eine zweite ist nach wenigen Tagen in der Quarantäne bei uns verstorben, berichtete Dr. Heike Weber, Fachtierärztin des Tierparks Nordhorn. Ein weiteres Beispiel:. Im August 2022 wurden 19 junge Griechische Landschildkröten in einem privaten Briefkasten in Uchte ausgesetzt, berichtet Dr. Florian Brandes. In anderen Fällen wurden beispielsweise eine Kornnatter in einer Plastikbox in Winzlar und zwei Kornnattern direkt im Wald vor der Wildtierstation Sachsenhagen ausgesetzt.
Hintergrundinformationen zu den Betreuungsstationen:
Das Land Niedersachsen hat derzeit 16 ehrenamtlich arbeitende Betreuungsstationen nach § 45 Abs. 5 Bundesnaturschutzgesetz anerkannt. Diese Stationen nehmen verletzt, krank oder hilflos aufgefundene Wildtiere auf, um sie gesund zu pflegen und anschließend wieder auszuwildern. Ausführliche Informationen zu den Betreuungsstationen in Niedersachsen und deren Kontaktdaten gibt es auf der Website des NLWKN in folgendem Artikel: Anerkannte Betreuungsstationen in NiedersachsenArtikel-Informationen
erstellt am:
18.07.2024
Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle
Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
Tel: +49 (0)511 3034-3322 sowie +49 (0)4931/ 947 -173 und +49 (0)4931/ 947 -181
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