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Forschung: Mehr Niederschläge und steigender Meeresspiegel erfordern Anpassung der Binnenentwässerung

Wie das Projekt KLEVER-Risk Handlungsoptionen für das Risikomanagement für Binnenhochwasser im Küstenraum aufzeigt


Zentrale Bauwerke der Binnenentwässerung im westlichen Ostfriesland: Die landeseigenen Anlagen Sperrwerk Leysiel und Speicherbecken Leyhörn (Foto: NLWKN)   Bildrechte: NLWKN
Zentrale Bauwerke der Binnenentwässerung im westlichen Ostfriesland: Die landeseigenen Anlagen Sperrwerk Leysiel und Speicherbecken Leyhörn (Foto: NLWKN)

Von Jan Spiekermann, Thomas Schoneboom, Axel Daubenspeck und Anke Joritz

Wie wirken sich die klimawandelbedingten Veränderungen der Niederschlagsmuster und der Anstieg des Meeresspiegels auf die Binnenentwässerung in den Küstenniederungen aus? Und welche Anpassungsmaßnahmen sind denkbar, um das Binnenhochwasserrisikomanagement zukunftssicher aufzustellen? Dies waren die zentralen Fragestellungen, die im Projekt KLEVER-Risk am Beispiel der Gebiete der vier Entwässerungsverbände Norden, Emden, Oldersum und Aurich betrachtet wurden. Der NLWKN hat dabei als Kooperationspartner mitgewirkt.

Das von der Universität Oldenburg und der Jade Hochschule durchgeführte Projekt wurde im Rahmen des DAS-Programms vom Bundesumweltministerium gefördert. Neben den vier Entwässerungsverbänden und dem NLWKN waren auch der Landkreis Aurich und die Stadt Emden als Kooperationspartner beteiligt.

KLEVER-Risk: „Klimaanpassung und Extremwettervorsorge – Verbandsübergreifendes Management von Binnenhochwasserrisiken im westlichen Ostfriesland“   Bildrechte: NLWKN
KLEVER-Risk: „Klimaanpassung und Extremwettervorsorge – Verbandsübergreifendes Management von Binnenhochwasserrisiken im westlichen Ostfriesland“

Binnenentwässerung von hoher Bedeutung

Die Binnenentwässerung der eingedeichten Niederungsgebiete im niedersächsischen Küstenraum stellt eine Grundvoraussetzung für deren Besiedlung und Bewirtschaftung dar. Nur die historisch gewachsenen Entwässerungssysteme, bestehend aus überwiegend künstlich angelegten Gewässern und technischen Anlagen wie Sielen und Schöpfwerken, bewahren das Deichhinterland bei ergiebigen Niederschlägen vor großflächigen Überschwemmungen. Experten sind sich einig: Infolge des Klimawandels werden die bestehenden Systeme jedoch immer häufiger an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.

Klimawandel wirkt sich in mehrfacher Hinsicht aus

Wie die im Rahmen von KLEVER-Risk durchgeführten Analysen zeigen, ist aufgrund vermehrter Niederschläge im Winterhalbjahr von einer deutlichen Zunahme der Entwässerungsbedarfe in den betrachteten Gebieten auszugehen. Gleichzeitig wird der steigende Meeresspiegel zu einer Abnahme der Sielmöglichkeiten führen. Künftig wird deutlich weniger bis punktuell gar nicht mehr gesielt werden können, stattdessen wird entsprechend mehr gepumpt werden müssen. Aber auch die Förderleistungen der bestehenden Schöpfwerke werden sich infolge des Meeresspiegelanstiegs und höherer Sturmflutwasserstände verringern, sodass die heute vorhandenen Entwässerungskapazitäten langfristig stark abnehmen werden.

Anpassungsoptionen fallen vielfältig aus

Um zu verhindern, dass diese Entwicklungen künftig zu häufigeren und intensiveren Überlastungsereignissen der Entwässerungssysteme und möglichen Binnenhochwassersituationen führen, sind geeignete Anpassungsmaßnahmen der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur erforderlich. Hierzu wurden im Rahmen von KLEVER-Risk verschiedene Lösungsansätze betrachtet und im Kreis der Kooperationspartner und weiterer Akteure diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass neben der Ertüchtigung von Schöpfwerkskapazitäten vor allem der Schaffung von Retentionsmöglichkeiten eine große Bedeutung zukommt. Durch zusätzlichen Retentionsraum kann das Entwässerungsmanagement flexibler gestaltet werden, was nicht nur der Hochwasserentlastung dient, sondern auch den wachsenden Anforderungen an das Wassermengenmanagement (à evtl. Verlinkung zu passendem Beitrag setzen) Rechnung trägt. Für das Projektgebiet von KLEVER-Risk wurde ein Katalog mit potenziellen Retentionsmaßnahmen erstellt, der zwischen drei Maßnahmentypen unterscheidet: Speicherpolder, Gewässereinstau und Gebietsretention.

Neben wasserbaulich-technischen Maßnahmen wurden in KLEVER-Risk weitere Handlungsoptionen betrachtet, die zu einer Stärkung des Binnenhochwasserrisikomanagements im Küstenraum beitragen können. Hierzu zählen u.a. die Aufstellung verbandlicher Binnenhochwasser-Alarmpläne, die Erstellung von Binnenhochwassergefahrenkarten, die Berücksichtigung von Binnenhochwasserrisiken in der Raumplanung sowie die Eigenvorsorge der Bevölkerung.

Die Projektergebnisse wurden im April 2023 in einer Abschlussveranstaltung im Siel und Schöpfwerk Knock mit rund 130 Personen der Öffentlichkeit vorgestellt und sind in einer umfangreichen Broschüre nachzulesen.


Betrachtungsraum von KLEVER-Risk: Die Gebiete der Entwässerungsverbände Norden, Emden, Oldersum und Aurich. Dargestellt sind die Geländehöhen und die Mündungsbauwerke in der Deichlinie. (Karte: Universität Oldenburg).   Bildrechte: Karte: Universität Oldenburg
Betrachtungsraum von KLEVER-Risk: Die Gebiete der Entwässerungsverbände Norden, Emden, Oldersum und Aurich. Dargestellt sind die Geländehöhen und die Mündungsbauwerke in der Deichlinie. (Karte: Universität Oldenburg).

Generalplan Klimaanpassung Siel- und Schöpfwerksgebiete soll folgen

Die Ergebnisse aus dem Projekt KLEVER-Risk werden auch in den Generalplan Klimaanpassung Siel- und Schöpfwerksgebiete einfließen, mit dessen Erstellung der NLWKN befasst ist. Der Generalplan soll Informationen über vorhandene wasserwirtschaftliche Anlagen (Siele, Schöpfwerke, Polder etc.) in den niedersächsischen Küstengebieten enthalten, die Erkenntnisse über Klimaänderungssignale in den betroffenen Regionen darstellen, notwendige Anpassungsmaßnahmen aufzeigen und erforderliche Investitionsbedarfe beschreiben. Er dient dazu, die übergeordnete konzeptionelle und strategische Linie für das künftige Anpassungshandeln im Bereich der Binnenentwässerung zu definieren und den Rahmen für konkrete Umsetzungsplanungen auf Ebene der Unterhaltungsverbände zu setzen.

Weiterführende Informationen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.07.2024

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Oldersumer Straße 48
26603 Aurich

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