Fließgewässerentwicklung: Erfolgreiche Ansätze – langer Weg zum Ziel
Studie des NLWKN beleuchtet für abgeschlossene Maßnahmen Erfolgsfaktoren und Hemmnisse bei der Revitalisierung von Gewässern
Von Oliver Finch und Claudia Wolff
Viele Verbände, aber auch der NLWKN und weitere Akteure gehen bei Revitalisierungsprojekten an Flüssen und Bächen in Niedersachsen seit Jahren voran. Doch wie erfolgreich waren die bisherigen Anstrengungen rund um einen besseren ökologischen Zustand der Gewässer – und was lässt sich aus den bereits durchgeführten Projekten für die Zukunft lernen? Wo sich bereits Erfolge eingestellt haben, wie Maßnahmen weiter optimiert werden können und welche Probleme es noch zu überwinden gilt, zeigt eine Studie, die 2024 durch den Landesbetrieb veröffentlicht wurde.
Ein guter ökologischer Zustand für alle Oberflächengewässer – das ist das erklärte Ziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Um dieses zu erreichen, wurden in den verschiedensten Regionen Niedersachsens in den letzten Jahren Revitalisierungsprojekte umgesetzt, um die Gewässer für charakteristische Tier- und Pflanzenarten wieder stärker naturnah und durchgängig zu gestalten. Die NLWKN-Gewässerbiologinnen und -biologen haben einige durch das Land Niedersachsen in den letzten Jahren geförderte Projekte biologisch unter die Lupe genommen, um ihren Erfolg beurteilen zu können. 2024 wurde eine Übersicht der Ergebnisse veröffentlicht. Im Fokus steht die Frage, ob die eingeleiteten Schritte zielgerichtet wirken und die maßgeblichen gewässermorphologischen Defizite beseitigt wurden. Denn: nur wenn die gewässertypischen Arten von Fischen, Wirbellosen und Wasserpflanzen die neugestalteten und sich entwickelnden Lebensräume langfristig besiedeln und sich damit der ökologische Zustand signifikant verbessert, ist eine Maßnahme auch im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie erfolgreich.
Erfolgsfaktoren und Hemmnisse
Die Ergebnisse der an 13 Gewässerstrecken in ganz Niedersachsen durchgeführten Untersuchungen zeigen insgesamt viele positive Effekte auf: Insbesondere strukturärmere Gewässerabschnitte lassen sich demnach relativ leicht durch Steigerungen des Strukturreichtums, der natürlichen Dynamik und der Strömungsvielfalt so aufwerten, so dass sich gewässertypische Arten wieder ansiedeln können – darunter auch viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Auch der Aufbau von standorttypischen Ufergehölzen ist ein erfolgversprechendes Instrument. So verdeutlichen gerade Maßnahmen auf längerer Strecke, wie sie etwa am Wümme-Nebenfluss Wörpe und der Melstruper Beeke im Emsland in den letzten Jahrzehnten schrittweise realisiert werden konnten, die enormen Entwicklungspotenziale. Dies gilt insbesondere dann, wenn entsprechende Projekte mit einer schonenden Gewässerunterhaltung und der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit einher gehen.
Isolierte, lediglich kurze revitalisierte Streckenabschnitte dagegen haben oft mehr Probleme, sich wie gewünscht zu entwickeln: So kommt es zum Beispiel öfter zu Übersandungen der eingebrachten Kiese aus oberliegenden Gewässerstrecken. Zudem ist Totholz hier oft nicht in genügender Menge vorhanden. Im Klartext: Die Strecken sind oft schlicht zu kurz und unterliegen dann weiterhin zu vielen negativen Einflüssen, um den komplexen Lebensraumansprüchen der Arten gerecht zu werden. So leiden sie zum Beispiel unter Stoffeinträgen, weil etwa ausreichend breite Gewässerrandstreifen mit natürlichem Bewuchs oder eine naturnahe Gewässeraue fehlen. Eine Nährstoff- und auch die Spurenstoffbelastung etwa durch Pestizide kann dann eine erfolgreiche Wiederbesiedlung verhindern. Auch fällt es dem NLWKN-Bericht zufolge in der heute vielfach intensiv genutzten Landschaft oft schwer, selbst kleinräumige, kontrollierte eigendynamische Gewässerentwicklungen zuzulassen, den Gewässern mehr Raum zu geben und Belastungen aus anderen Teilen der Einzugsgebiete abzustellen.
Folgen des Klimawandels werden spürbar
Auch die Konsequenzen der Klimakrise schlagen sich in den Befunden der NLWKN-Veröffentlichung nieder: Die Untersuchungen zeigen, dass extreme Trockenperioden, wie sie zwischen 2018 und 2022 eingetreten sind, die Fließgewässer belasten. Die Wiederbesiedlung von renaturierten Gewässerstrecken kann durch solche Ereignisse wesentlich gehemmt werden. So gewinnt die Renaturierung der Gewässer auch vor dem Hintergrund des Klimawandels erheblich an Bedeutung, denn: In naturnahen und durchgängigen Gewässern können die Lebensgemeinschaften selbst unter extremen Umweltbedingungen besser überleben.
Die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie sollen deshalb in den nächsten Jahren stetig weiterverfolgt werden. Auch die Gewässerauen spielen dabei eine Rolle: Sie sollen wieder stärker zu naturnahen Lebensräumen entwickelt werden, denn der Wasserrückhalt in den Auen kann die Wirkungen von Hochwasser und Dürre deutlich abdämpfen. Das Land nimmt diese wichtige Aufgabe unter anderem mit dem Aktionsprogramm Niedersächsische Gewässerlandschaften in den Fokus und unterstützt die Umsetzung des Programms seit 2023 mit mehreren Netzwerker-Stellen beim NLWKN. Verschiedene landesweite Förderprogramme stehen gezielt für Maßnahmen der Gewässer- und Auenentwicklung zur Verfügung.
Guter Zustand vielfach noch nicht erreicht
Das ambitionierte Ziel eines guten ökologischen Zustands für alle Oberflächengewässer ist bis heute weder in Niedersachsen noch deutschlandweit erreicht. Die Bundesländer müssen deshalb Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme fortschreiben und alle sechs Jahre zur Berichterstattung nach Brüssel liefern. Die Bewirtschaftungspläne bilden die Grundlage für die Bewirtschaftung der niedersächsischen Oberflächengewässer und des Grundwassers. Damit einher geht die Maßnahmenumsetzung in der Fläche, die von vielen verschiedenen Beteiligten – Wasser- und Bodenverbänden, naturkundlich engagierten Vereinigungen und den örtlichen bzw. regional tätigen Behörden – vorangetrieben wird. So werden in der Vergangenheit ausgebaute, begradigte oder stauregulierte Fließgewässer heute vielerorts Stück für Stück nach ökologischen Gesichtspunkten revitalisiert und wieder durchgängig gestaltet (vgl. auch Jahresberichts-Beitrag Monitoring des ökologischen Erfolgs von Fließgewässerentwicklungsmaßnahmen). Die vom NLWKN 2024 veröffentlichten Ergebnisse des Maßnahmenmonitorings können einen Beitrag zur Erhöhung der Effektivität von Fließgewässerentwicklungsmaßnahmen und damit auch zu einer zügigeren Erreichung der Umweltziele der WRRL leisten.
Weiterführende Informationen
Die Studie "Ergebnisse des biologischen Monitorings hydromorphologischer Maßnahmen an Fließgewässern – eine Zwischenbilanz (2024)" kann abseits der digitalen Version auch gegen Kostenerstattung in Höhe von 5,00 € in gedruckter Form über den Web-Shop des NLWKN bezogen werden, vgl. Link unten.
Die Studie "Ergebnisse des biologischen Monitorings hydromorphologischer Maßnahmen an Fließgewässern – eine Zwischenbilanz (2024)" kann abseits der digitalen Version auch gegen Kostenerstattung in Höhe von 5,00 € in gedruckter Form über den Web-Shop des NLWKN bezogen werden, vgl. Link unten.
Artikel-Informationen
erstellt am:
10.04.2025
Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle
Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
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