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Von Mulkentövers bis Baustellenbesuch: Öffentlichkeitsarbeit der Naturschutzstation Ems

Viele regionale Informationsveranstaltungen vor Ort brachten Interessierten den Naturschutz näher


Seit 2018 direkt am Fluss zu Hause: Vom ersten Standort im Katasteramt Leer ist die Naturschutzstation in das ehemalige Sielwärterhaus am Sauteler Siel in Terbog (Gemeinde Moormerland) gezogen. Foto: Felix Närmann   Bildrechte: Felix Närmann
Seit 2018 direkt am Fluss zu Hause: Vom ersten Standort im Katasteramt Leer ist die Naturschutzstation in das ehemalige Sielwärterhaus am Sauteler Siel in Terbog (Gemeinde Moormerland) gezogen (Foto: Felix Närmann).

Von Heinrich Pegel und Felix Närmann

Was 1993 noch als Außenstellen der Bezirksregierungen begann, ist 30 Jahre später auf ein Netzwerk von sechs Naturschutzstationen des NLWKN in Niedersachsen angewachsen. Die Stationen arbeiten in den Zentren der biologischen Vielfalt in Niedersachsen und gewährleisten hier in enger Zusammenarbeit mit den unteren Naturschutzbehörden und mit Naturschutz- und sonstigen Verbänden die Betreuung und Entwicklung der jeweiligen Schutzgebiete. Dazu gehört auch die Information der Öffentlichkeit über die Stationsarbeit. Wie vielfältig diese Aufgabe ist, zeigt das Beispiel der Naturschutzstation Ems.

Nachdem seit 2020 die Corona-Epidemie jegliche Veranstaltungen zunächst gänzlich verhinderte und anschließend stark verkomplizierte, sind wir bereits 2023 mit einzelnen Veranstaltungen wieder in die Öffentlichkeitsarbeit eingestiegen. So haben wir im Herbst 2023 die bis ins Frühjahr 2024 reichende Vortragsreihe „Masterplan kompakt“ wiederaufleben lassen. Einmal im Monat berichteten in der Naturschutzstation Akteure des Masterplans Ems 2050 zu speziellen Aspekten ihrer Arbeit und diskutierten diese anschließend mit dem Publikum.

Im Frühjahr 2024 nahmen wir die Wahl des Kiebitz zum Vogel des Jahres 2024 zum Anlass, in Kooperation mit Kollegen vom Projekt LIFE IP GrassBirdHabitats und dem Niedersächsischen Weg zwei Veranstaltungen zum „Gaukler der Lüfte“ anzubieten. Ein Vortrag in der Naturschutzstation und eine Exkursion am Großen Meer bei Emden thematisierten aktuelle Entwicklungen, Gefährdungsursachen, aber auch Schutzmöglichkeiten.

Der Sommer 2024 stand in der Naturschutzstation Ems ganz im Zeichen der Schmetterlinge. Bereits von 2017 bis 2019 wurde die Nachtfalterfauna der Emsvorländer von Papenburg bis Emden erfasst (siehe Infobox). Unter dem Motto "Von Mulkentövers und Flinnerkes - Schmetterlingswochen in der Naturschutzstation Ems" wurden die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt. Großformatige Bildtafeln und ein Kurzfilm gaben einen Einblick in die sonst meist verborgene und oftmals erstaunlich bunte Welt der Nachtfalter. Zusätzlich wurden Exkursionen, Vorträge und Kindernachmittage rund um unsere beliebtesten Insekten organisiert.

Darüber hinaus waren wir im Sommer regelmäßig in Potshausen bei Leer im Evangelischen Bildungszentrum. In verschiedenen Seminaren haben wir den Teilnehmenden den Masterplan und unsere konkreten Umsetzungsprojekte vorgestellt.

Aber nicht nur in Vorträgen, sondern auch direkt vor Ort auf den Baustellen der Masterplan-Projekte Tidepolder Coldemüntje und Süßwasserpolder Stapelmoor konnten an mehreren Terminen interessierte Ortsgruppen und Vereine sowie ein Planungsbüro in von uns geführten Baustellenbesuchen einen Blick auf die voranschreitenden Arbeiten werfen.

Das ganze Jahr über haben wir zudem gemeinsam mit allen Mitarbeitenden der sechs Naturschutzstationen unseren gemeinsamen Blog naturschutzvorort gefüttert, in dem wir regelmäßig Einblicke in unsere Stationsarbeit geben.

Direkt mit den Menschen der Region in Kontakt zu treten, sei es in Vor-Ort-Terminen oder mit Vorträgen, hat sich als sehr sinnvoll erwiesen – und zwar für beide Seiten. Wir haben dabei erfahren, dass viele unrichtige Informationen über einzelne Projekte im Umlauf sind, die wir im direkten Gespräch richtigstellen konnten. Dies hat für viele Aha-Erlebnisse gesorgt, die– so hoffen wir – von unseren Gästen weiterverbreitet werden. Für uns haben sich daraus viele Ansätze ergeben, unsere Öffentlichkeitsarbeit nachzuschärfen, um diese unrichtigen Informationen durch weitere Formate ausräumen zu können. Mit Menschen auf Augenhöhe zu kommunizieren, sorgt für deutlich mehr Glaubwürdigkeit, als allein auf behördlichen Schriftverkehr zu setzen.

Dass es Konflikte vor allem beim Masterplan Ems gibt. liegt in der Natur der Sache. Die Vor-Ort-Termine sind daher auch mit viel Vorbereitungsaufwand verbunden. Wir halten sie aber für sinnvoll und zwingend – und das nicht nur aus der Verpflichtung heraus, behördliches Handeln zu erklären (unter anderem, weil dort Steuergelder ausgebeben werden). Vor allem hat uns die Erfahrung bestärkt, dass im Gespräch miteinander punktuell festgefahrene Konflikte wie „Naturschutz gegen Landwirtschaft“ durch den persönlichen Austausch vielleicht nicht sofort gelöst werden, aber im Miteinander eine neue Dynamik gewinnen können. Als Beispiel nur ein Satz, der nach dem Vortrag zum Kiebitz und den Schutzmaßnahmen von einem Landwirt fiel: „War ja gar nicht so schlimm wie befürchtet“.


Mulkentövers an der Unterems:

Als Mulkentövers werden im Plattdeutschen Nachtfalter bezeichnet. Die Bezeichnung beruht auf dem alten Aberglauben, dass die nachtaktiven Tiere mittels Zauber (Töver) für das Verderben von Milch verantwortlich sind. Von 2017 bis 2019 haben Peter Pauschert (Naturschutzstation Ems) und Carsten Heinecke (freiberuflicher Biologe) die Schmetterlingsfauna in den Vorländern der Ems von Papenburg bis in die Krummhörn untersucht. Sie haben rund 3.800 Schmetterlinge gefangen, bestimmt und 317 Arten gefunden. Der Großteil davon, nämlich 236 Arten, waren nachtaktive Großschmetterlinge, also Mulkentövers. Neben häufigen Arten fanden sie auch hochspezialisierte und seltene Falter, die typisch für tidebeeinflusste Flussmündungn (Ästuare) sind. Exemplarisch seien hier viele Schilfeulen, Arten des Tideauwalds wie die Ockergelbe Escheneule sowie einige typische Küstenschmetterlinge wie die Strand-Erdeule oder der Küstendünen-Kleinspanner genannt. Letzterer fand sich am Rysumer Nacken (Außenems) und stellt hier den Erstnachweis für das gesamte niedersächsische Festland dar.


Wie funktioniert Kiebitzschutz in der Fläche? Dieser Frage ging die Exkursion im Rahmen der Kiebitztage am Großen Meer im Landkreis Aurich nach. Foto: Joachim Schwane   Bildrechte: Joachim Schwane
Wie funktioniert Kiebitzschutz in der Fläche? Dieser Frage ging die Exkursion im Rahmen der Kiebitztage am Großen Meer im Landkreis Aurich nach (Foto: Joachim Schwane).
Blick vom Deich auf die Baustelle des Tidepolders Coldemüntje. Hier entstehen im Rahmen vom Masterplan Ems ästuartypische Lebensräume wie Schilfröhricht und Wattflächen. Foto: Sven Wiemers/PLANGIS   Bildrechte: Sven Wiemers/PLANGIS
Blick vom Deich auf die Baustelle des Tidepolders Coldemüntje. Hier entstehen im Rahmen vom Masterplan Ems ästuartypische Lebensräume wie Schilfröhricht und Wattflächen (Foto: Sven Wiemers/PLANGIS).
Nachtfalterexkursion am Rysumer Nacken mit dem Falterexperten Carsten Heinecke. Foto: Felix Närmann   Bildrechte: Felix Närmann
Nachtfalterexkursion am Rysumer Nacken mit dem Falterexperten Carsten Heinecke (Foto: Felix Närmann).
Spielerisch und kreativ lernten die jüngsten den Lebenszyklus eines Schmetterlings kennen (Foto: Insa Lütkehus).   Bildrechte: Insa Lütkehus
Spielerisch und kreativ lernten die jüngsten den Lebenszyklus eines Schmetterlings kennen (Foto: Insa Lütkehus).
 

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.04.2025

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