Wölfe mit Halsband – Jackpot für das Wolfsmonitoring
von Dr. Nina Kronshage und Robin Schäfer sowie dem Team Wolfsbüro
In Niedersachsen werden seit 2023 Wölfe mit Satellitenhalsbändern besendert, um detaillierte Informationen über ihre Raumnutzung, Aktivität und Wanderbewegungen zu erhalten. Diese Telemetrie-Daten helfen, die Ausbreitung der Wolfspopulation und deren Verhalten besser zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zur Optimierung von Schutzmaßnahmen und zur Erkennung geeigneter Lebensräume bei. Bislang wurden drei Wölfe besendert, deren Daten wertvolle Erkenntnisse lieferten.
Seit 2011 sind wieder Wölfe in Niedersachsen heimisch und breiten sich immer mehr aus. Wie sich die Population entwickelt, wird durch das sogenannte Monitoring untersucht. Hierzu werden Daten unter anderem von Wildtierkameras oder von Losungsfunden gesammelt. Eine Besenderung von Wölfen kann hier weitere und tiefere Einblicke liefern. Dies kann sowohl für den Schutz der Art als auch für die Bewältigung möglicher Konflikte mit Menschen und Nutztieren helfen.
Welche Erkenntnisse können wir durch besenderte Wölfe gewinnen?
Ein zentrales Ziel des Wolfs-Trackings ist es, präzisere Daten über die Territorien und Wanderbewegungen der Wölfe zu sammeln. So lassen sich beispielsweise genaue Größen und Grenzen der Wolfsterritorien ermitteln, was bisher nur schwer und mit hoher Unsicherheit möglich war. Die Telemetrie ermöglicht es zudem, die Auswirkungen von Barrieren, wie zum Beispiel Straßen oder städtische Gebiete, auf die Ausbreitung der Wölfe besser zu verstehen. Darüber hinaus können wichtige Aspekte, wie die Nutzung unterschiedlicher Lebensräume, Tag-Nacht-Aktivitätsmuster und Todesursachen der Tiere, genau beobachtet und überwacht werden.
Besenderte Wölfe in Niedersachsen
Seit 2023 wurden in Niedersachsen insgesamt drei Wölfe mit Satellitenhalsbändern ausgestattet: zwei Rüden und eine Fähe, die Fähe und ein Rüde waren Wurfgeschwister. Diese Wölfe lieferten bereits wertvolle Daten, indem die Halsbänder mehrmals täglich Informationen zur Position der Tiere sendeten.
Bedeutung für Jungtiere und territoriale Wölfe
Je nach Alter des besenderten Tieres bieten sich unterschiedliche Einblicke in das Leben eines Wolfes. Wenn Jungtiere besendert werden, können wichtige Daten über die Nutzung ihres Heimatterritoriums und ihr Abwanderungsverhalten gesammelt werden. Diese Daten helfen dabei, das Wanderverhalten der Tiere besser zu verstehen und Vorhersagen darüber zu treffen, wie sich die Wolfs-Population weiter ausbreiten wird. Wenn Elterntiere mit Sendern ausgestattet werden, beziehungsweise die besenderten Jungtiere erwachsen geworden sind und ihr eigenes Rudel gründen, können umfassende Erkenntnisse über deren Aktivitätsmuster und das Zusammenspiel innerhalb der Rudel gewonnen werden.
Habitatnutzungsanalyse
Im Rahmen der Studie wird die Habitatnutzung – also die Nutzung der verschiedenen Lebensräume wie Wälder, landwirtschaftlich genutzte Flächen, aber auch Ortschaften – untersucht. Hierbei werden für jeden Telemetriepunkt die Art der Landnutzung (Kategorien Siedlungen, Ackerland, Wald, Weiden, Grünland mit Deckung, vegetationsfreie Gebiete und Wasserflächen) und zusätzlich ein sogenannter HumanFootprint zugeordnet, wobei der HumanFootprint eine Aussage darüber trifft, wie häufig sich an diesem Punkt Menschen aufhalten. So können Zusammenhänge zwischen der Art der Lebensräume und der Präsenz von Menschen auf der einen Seite und den bevorzugten Aufenthaltsorten der Wölfe auf der anderen Seite ermittelt werden. Diese Analyse liefert wichtige Hinweise darauf, wie sich die Tiere in verschiedenen Landschaftsstrukturen bewegen und welche Faktoren ihre Raumnutzung am stärksten beeinflussen. Dies ermöglicht ggf. einen besseren Umgang mit Wolf-Mensch-Begegnungen.
Barrieren und Korridore
Ein besonders interessantes Beispiel für die Auswirkungen von Landschaftsbarrieren auf die Wolfspopulation liefert die Beobachtung einer Fähe, die während ihrer Wanderung rund 19 Tage lang in der Nähe einer Autobahn verweilte. Für die erstmalige Überwindung der Autobahn nutzte sie wahrscheinlich eine Brücke, danach kam es noch mehrfach zu Überwindungen in beide Richtungen, bevor das Tier weiter abwanderte. Solche Beobachtungen sind wichtig, um Barrieren, wie Straßen oder Siedlungsgebiete, besser zu verstehen und mögliche Korridore zu identifizieren, die den Wölfen bei der Ausbreitung helfen könnten.
Soziale Interaktionen und Aktivitätsmuster
Die Analyse der Distanz von im Rudelverband lebenden Tieren zueinander kann wertvolle Hinweise auf soziale Aktivitäten, wie z. B. Versorgung der Jungtiere, Interaktionen oder Jagdverhalten geben.
Die Sender waren so programmiert, dass eine Aufzeichnung des Aufenthaltsortes stündlich stattfand und Distanzen zueinander berechnet werden konnten. Eine erste Analyse zeigt, dass sich ab der Ranzzeit im Februar die Distanzen der beiden Wurfgeschwister zueinander im Vergleich zu Januar vergrößerten und konstant groß im März blieben.
Zur Ranzzeit nehmen Spannungen im Rudel zu und die erwachsenen territorialen Tiere bleiben zusammen. Dies führt zu einer Änderung im Aktivitäts- und Bewegungsmuster der Welpen und Jungwölfe, welche bereits ansatzweise anhand unserer Daten dargestellt werden kann.
Vorliegende und zukünftig gewonnene Daten werden weitere Erkenntnisse zur Lebensweise der Wölfe liefern.
Artikel-Informationen
erstellt am:
10.04.2025