Verordnungstext zum Naturschutzgebiet "Kladdinger Wiesen"
(NSG HA 182)
Verordnung der Bezirksregierung Hannover über das Naturschutzgebiet "Kladdinger Wiesen" in der Gemeinde Stuhr, Landkreis Diepholz vom 10.12.1996
Aufgrund der §§ 24, 29 und 30 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes in der Fassung vom 11. April 1994, zuletzt geändert durch Gesetz zur Verbesserung der kommunalen Handlungsfähigkeit vom 28.05.1996 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Seite 242 ff), wird verordnet:
§ 1 Naturschutzgebiet
(1) Das in den Absätzen 2 und 3 näher bezeichnete Gebiet wird zum Naturschutzgebiet "Kladdinger Wiesen" erklärt.
(2) Das Naturschutzgebiet liegt in der Gemeinde Stuhr unmittelbar nördlich und nordöstlich das Ortsteiles Stuhr bis zum Teil an die bremische Landesgrenze heran in den Fluren 8 und 9, Gemarkung Stuhr, sowie Flur 1, Gemarkung Brinkum, Gemeinde Stuhr, Landkreis Diepholz.
(3) Die genaue Abgrenzung des Naturschutzgebietes ergibt sich aus der Karte, die Bestandteil dieser Verordnung ist. Die Grenze ist dort durch eine Punktreihe dargestellt. Die Grenze vorläuft auf der Linie, die die Punkte von außen berührt.
(4) Das Naturschutzgebiet ist ca. 390 ha groß.
§ 2 Schutzgegenstand und Schutzzweck
(1) Schutzgegenstand
Das Naturschutzgebiet "Kladdinger Wiesen" besteht überwiegend aus unterschiedlich intensiv genutzten Grünland und Ackerflächen.
Entlang der Ochtum und dem Stuhrgraben befinden sich zum Teil versumpfte, naturnahe Uferbereiche mit Hochstaudenfluren, Röhrichten und Gehölzaufwuchs.
Zum Teil nur periodisch wasserführende Mulden, Blänken, Gräben, sonstige Kleingewässer und der Entwässerung dienende Wasserzüge weisen ein unterschiedlich vielfältiges Inventar an Wasserpflanzen, Hochstaudenflur und Röhricht auf.
Das Gebiet ist für den Naturschutz bedeutsam, insbesondere als wertvoller Bereich für störanfällige Brut- und Gastvogel der offenen Niederungslandschaften.
(2) Schutzzweck
Schutzzweck ist der Erhalt und die naturnahe, möglichst ungestörte Entwicklung von Lebensstätten schutzbedürftiger Arten und Lebensgemeinschaften wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere, insbesondere der naturbetonten Ökosysteme. Dem langfristigen Erhalt einer die Werte und Funktionen des Naturhaushaltes berücksichtigenden Grünlandbewirtschaftung wird große Bedeutung beigemessen.
Es sollen den Standortbedingungen entsprechende Nährstoffverhältnisse im Boden, im Wasser und in der Vegetation im Gebiet erhalten und entwickelt werden. Der Wasserhaushalt sollte einem dem Niederungscharakter des Gebietes angepaßten Rhythmus unterliegen.
Über die Extensivierung der Grünlandnutzung soll der Biotoptyp Grünland aus Sicht des Naturschutzes eine Wertsteigerung erlangen.
Die besondere Eigenart dieser für die Wesermarsch typischen, weitgehend offenen Landschaft soll erhalten werden.
Durch geeignete, im Einzelfall anzuordnende Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sollen die dem Schutzzweck dienenden Entwicklungsziele erreicht werden.
§ 3 Verbote
(1) Im Naturschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.
(2) Das Naturschutzgebiet darf nicht betreten werden.
(3) Darüber hinaus sind folgende Handlungen, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile gefährden oder stören konnen, verboten:
1. Hunde frei laufen zu lassen;
2. wildlebende Tiere zu füttern;
3. wildlebende Tiere durch Lärm oder auf andere Weise unnötig zu stören;
4. innerhalb des Naturschutzgebietes Modellflug zu betreiben oder dort mit sonstigen, nicht zulassungspflichtigen Luftfahrzeugen aller Art zu starten;
5. in der in der Karte dargestellten "Schutzzone" bauliche Anlagen zu errichten und Gehölze anzupflanzen.
(4) Die ordnungsgemäße Jagdausübung bleibt von den Regelungen dieser Verordnung unberührt, soweit sie sich auf das Recht zum Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen sowie auf die Aneignung von Wild, die Hege und den Jagdschutz bezieht. Verboten bleibt:
1. die Anlage von Wildäckern, Wildäsungsflächen, Salzlecken, Köder- und Futterplätzen;
2. die Anlage von Wildfütterungsanlagen außerhalb der Notzeiten;
3. die Anlage von fest mit dem Boden verbundenen jagdlichen Einrichtungen, Jagdhütten und anderen baulichen Anlagen.
§ 4 Freistellungen
(1) Allgemeine Freistellungen
Von den Verboten des § 3 sind freigestellt und bedürfen keiner naturschutzrechtlichen Befreiung oder Erlaubnis:
1. das Betreten des Gebietes auch außerhalb der Wege für die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten;
2. der Betrieb und die Unterhaltung der Peilstation;
3. die ordnungsgemäße Unterhaltung der Wege sowie der traditionellen Wegetrassen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, soweit dies für die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen, die Pflege ungenutzter Flächen sowie den Betrieb und die Unterhaltung der Peilstation erforderlich ist;
4. der Betrieb und die Unterhaltung vorhandener erdverlegter Stromkabel und der Betrieb und die Unterhaltung vorhandener Erdgasleitungen;
5. die ordnungsmäßige mechanische Unterhaltung von Gewässern II. Ordnung, soweit diese nach einem zuvor aufgestellten und mit der oberen Naturschutzbehörde abgestimmten Unterhaltungsrahmenplan durchgeführt wird;
6. die ordnungsmäßige mechanische Unterhaltung von Gewässern III. Ordnung, soweit diese nach entsprechend fachspezifischen und naturschutzfachlich abgestimmten Vorgaben der unteren Wasserbehörde durchgeführt wird;
7. die Unterhaltung der Anlagen an Gewässern II. und III. Ordnung und die Erhaltung der Deiche;
8. die Unterhaltung von zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung vorhandenen fest mit dem Boden verbundenen jagdlichen Einrichtungen und der Jagdausübung dienenden baulichen Anlagen;
9. das Aufstellen von ortsüblichen, beweglichen Ansitzen, Jagdschirmen und ähnlichen jagdlichen Einrichtungen;
10. die ordnungsgemäße Unterhaltung vorhandener Dränagen, Gräben und Grüppen einzelner Flurstücke und von Wasserleitungen, soweit sie zur Bewirtschaftung von Nutzflächen erforderlich sind;
11. die Unterhaltung ortsüblicher Viehtränken und Viehunterstände sowie die Errichtung und Unterhaltung ortsüblicher Zäune auf den in der Karte als "Dauergrünland I" und "Dauergrünland II" dargestellten Flächen;
12. die erforderliche, ordnungsgemäße Anlage von Silageflächen zur Gewinnung von Anwelksilage und kurzzeitige Lagerung von Silageballen in Jahren mit überdurchschnittlichen Niederschlagsereignissen;
13. die Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und deren weitere Pflege aufgrund bestehender Planfeststellungsbeschlüsse und Genehmigungen;
14. die ordnungsgemäße fischereiliche Nutzung der Gewässer.
(2) Freistellungen im Rahmen der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung
Von den Verboten des § 3 ist die im Sinne des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach den Grundsätzen der Ziffern 1 - 3 freigestellt und bedarf keiner naturschutzrechtlichen Befreiung oder Erlaubnis, sofern keine zusätzlichen Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt werden, das Bodenrelief nicht verändert und die Tier- und Pflanzenwelt nicht mehr als unbedingt nötig gestört und beeinträchtigt wird.
1. Auf den als "Acker" dargestellten Flächen ist die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung als Acker oder Grünland freigestellt.
2. Die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung als Dauergrünland auf den als "Dauergrünland I" dargestellten Flächen ist nur nach folgenden Grundsätzen freigestellt:
a) der Umbruch der Flächen zum Zweck der einjährigen Ackerzwischennutzung mit anschließender Neueinsaat nach vorheriger Anzeige bei der oberen Naturschutzbehörde und der Umbruch zum Zweck der Neuansaat jeweils nur in Abständen von mindestens fünf Jahren und dann zwischen dem 01.08. und dem 31.10. des entsprechenden Jahres;
b) der Einsatz von in Naturschutzgebieten zulässigen chemischen Pflanzenschutzmitteln nur horstweise oder auf Teilflächen;
c) Bodenbearbeitung wie z.B. Walzen, Schleppen und Mähen nur unter Schonung von Gelegen und Jungvögeln gefährdeter Vogelarten.
3. Die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung als Dauergrünland auf den als "Dauergrünland II" dargestellten Flächen ist nur nach folgenden Grundsätzen freigestellt:
a) kein Umbruch zum Zwecke der Neueinsaat; Narbenverbesserung nur nach dem 01.08. eines jeden Jahres;
b) keine Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln;
c) keine Aufbringung von Mist aus der Geflügelhaltung sowie jeglicher Gülle und Jauche;
d) keine Bodenbearbeitung wie Walzen und Schleppen sowie kein Mähen jeweils im Zeitraum vom 01.04. - 10.06. eines jeden Jahres;
e) die Beweidung vor dem 10.06. einen jeden Jahres mit maximal 1 Stück Weidevieh je 0,5 ha.
(3) Eine von den einschränkenden Bestimmungen des Absatzes 1 Ziffer 10 -12 und des Absatzes 2 abweichende Bewirtschaftung der Flächen ist dann freigestellt, wenn die obere Naturschutzbehörde sie im Einzelfall erlaubt.
Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn durch die jeweilige abweichende Bewirtschaftungsweise nicht mehr Störungen und Gefährdungen der Pflanzen- und Tierwelt verursacht werden als durch die vorgeschriebene Bewirtschaftungsweise und der Schutzzweck nicht zusätzlich beeinträchtigt wird.
§ 5 Erlaubnisvorbehalt
Die obere Naturschutzbehörde erteilt auf Antrag eine Erlaubnis zur Durchführung folgender Maßnahmen, sofern dadurch der Schutzzweck nicht beeinträchtigt wird:
1. zur Anpflanzung von Gehölzen und zur Errichtung von baulichen Anlagen auf den in der Karte als "Schutzzone" gekennzeichneten Flächen außerhalb des Naturschutzgebietes;
2. zur ordnungsmäßigen mechanischen Unterhaltung von Gewässern II. und III. Ordnung. Die Erlaubnis ist zu erteilen, sofern der Unterhaltungspflichtige (Antragsteller) zuvor ein mit der oberen Naturschutzbehörde abgestimmtes Unterhaltungsarbeitsprogramm mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr aufgestellt hat;
3. zur Durchführung von Maßnahmen zum Zweck der Deichverteidigung;
4. zur Errichtung von ortüblichen Viehunterständen, Viehtränken und Wasserleitungen für Viehtränken;
5. zur Errichtung von fest mit dem Boden verbundenen Ansitzen und ähnlichen jagdlichen Einrichtungen;
6. zur Durchführung von Untersuchungen und Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Pflege und zur Entwicklung des Naturschutzgebietes.
§ 6 Befreiungen
Von den Verboten dieser Verordnung kann die obere Naturschutzbehörde auf Antrag Befreiung nach den Vorschriften des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes gewähren.
§ 7 Pfege- und Entwicklungsmaßnahmen
Zur Pflege und Entwicklung des Gebietes sind von den Eigentümern und Nutzungsberechtigten folgende Maßnahmen zu dulden:
1. die Mahd ungenutzter Flächen sowie die Mahd genutzter Flächen in den Jahren der Nichtnutzung;
2. das Entfernen von Gehölzaufwuchs auf ungenutzten Flächen.
§ 8 Verstöße
(1) Wer den in § 3 aufgeführten Verboten zuwiderhandelt, bzw. wer ohne die in § 4 Absatz 3 und in § 5 bezeichneten Erlaubnisse handelt, begeht gemäß § 64 Nr. 1 oder Nr. 4 Niedersächsisches Naturschutzgesetz eine Ordnungswidrigkeit oder gemäß § 329 Absatz 3 oder § 330 Strafgesetzbuch eine strafbare Handlung.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 65 Niedersächsisches Naturschutzgesetz mit einer Geldbuße bis zu 50.000,- DM, bei Verstößen gegen § 3 Absatz 1 und 2 mit einer Geldbuße bis zu 100.000,- DM geahndet werden.
§ 9 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hannover in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Verordnung zur Begründung eines Vorkaufsrecht an Grundstücken im Bereich "Kladdingen/ Vorderes Stuhrer Heuland (Kladdinger Wiesen)" vom 11.05.1995 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hannover 1995/ Nr. 12 vom 24.05.1995) außer Kraft.
Hannover, den 10.12.1996
503 - 22222 HA 182
Bezirksregierung Hannover
Im Auftrage
Waldhoff
Abteilungsdirektor
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Verbindlich sind für alle Schutzgebiete die im Amtsblatt veröffentlichten Verordnungen bzw. Karten.
Naturschutzgebiet "Kladdinger Wiesen"
Sie haben verschiedene Möglichkeiten, ein NSG zu finden:
Artikel-Informationen
Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76 A
D-30453 Hannover