Die Sehnsucht nach nassen Füßen
Klimaschutz durch Moorentwicklung: Optimierung des Wasserhaushalts in den Mooren der Südheide im Landkreis Gifhorn abgeschlossen
Braunschweig/Steinhorst. „Moor muss nass!“ – dem Motto von Prof. Hans Joosten, Träger des Deutschen Umweltpreises 2021, folgend, haben der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und die Niedersächsischen Landesforsten (NLF) im Naturschutzgebiet „Obere Lachte, Kainbach, Jafelbach“ (Landkreis Gifhorn) in den vergangenen zwei Jahren gemeinsam ein Großprojekt zur Renaturierung von Mooren umgesetzt. Nach Abschluss der umfangreichen Arbeiten hoffen die Naturschützer nun vor allem auf eines: nasse Füße.
„Unsere Moore sind ganz wichtige Wasserspeicher und Klimaschützer“, betont Niedersachsens Umwelt- und Klimaschutzminister Christian Meyer, „und dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür. Der überwiegende Teil der Moore in Niedersachsen ist entwässert und erzeugt klimaschädliche Treibhausgase. Das müssen wir für die Zukunft wieder ändern. Wir müssen die Entwicklung in den Moorregionen zukunftsfähig gestalten und dabei die Potenziale zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen nutzen – und zwar im Dialog mit allen Beteiligten, vor allem aus Kommunen, Landwirtschaft, Naturschutz und Wasserwirtschaft.“
Warum der Mensch nun wieder im Moor eingegriffen hat, erklärt Meike Müller, Projektmanagerin beim NLWKN in Braunschweig: „Im Rahmen der Nutzbarmachung des Moores sind in den vergangenen Jahrhunderten die Verläufe des Jafelbachs und des Kucksmoorgrabens begradigt, vertieft und bis in die Moorkörper verlängert worden“. Zusätzlich sorgten Nebengräben für eine schnellere Entwässerung. „Um die Moore erfolgreich wiederzuvernässen, mussten all diese vorherigen menschlichen Eingriffe im Rahmen des Projektes rückgängig gemacht werden“, so Müller.
Über zwei Jahre und drei Bauphasen hinweg wurden mit Unterstützung des Unterhaltungsverbands Obere Lachte und des Landkreises Gifhorn Maßnahmen zur Vernässung des entwässerten Kucks- und Jafelmoores umgesetzt. Insgesamt wurden dabei 7,6 Kilometer Haupt- und 5,5 Kilometer Nebenentwässerungsgräben verfüllt oder gekammert. Die Heidebäche wurden in ihre ursprünglichen, sich seicht durch das Gelände schlängelnden Bachbetten zurückverlegt. Zur Querung von Wegen wurden sieben Durchlässe und drei Furten neu gebaut. Im Gegenzug wurden 13 nicht mehr erforderliche Durchlässe ausgebaut oder verschlossen. In den Mooren selbst wurden 600 Meter Wegedämme, die eine Fließbarriere darstellten, zurückgebaut. „Durch den Verschluss der Entwässerungsgräben konnten wir zunächst den Abfluss des in den Mooren gespeicherten Wassers stoppen. Jetzt hoffen wir auf hohe Niederschläge, damit sich die Moore wieder langsam mit Wasser vollsaugen können“, so Müller.
Co2-Ausstoß im Fokus
Vom Projekt soll nicht zuletzt das Klima profitieren, betont die Direktorin des NLWKN, Anne Rickmeyer: „Durch das Vorhaben in der Südheide und ähnliche Projekte erzeugen wir eine echte Win-Win-Win-Situation für den Klimaschutz, den Erhalt von Lebensräumen und Arten sowie für die ökologische Funktionsfähigkeit des Bodens und des Wasserhaushalts“. Denn tatsächlich gehe mit der Wiedervernässung der Moorkörper eine Vielzahl von kurz-, mittel- und langfristigen positiven Effekten einher: So werde die Zehrung des Torfkörpers unterbunden und somit der CO2-Ausstoß gesenkt. Das Moor erhalte die Fähigkeit zurück, Wasser in regenreichen Zeiten zu speichern und in trockenen Perioden langsam an die umgebende Landschaft abzugeben. Die noch intakten Bereiche der beiden Moore bleiben als wertvoller Lebensraum für Flora und Fauna erhalten. Von hier aus können sich die Moore regenerieren, sodass Torfmoose wieder aufwachsen und zukünftig als Kohlenstoffsenke selbst CO2 binden.
„Wenn das Projekt erfolgreich ist, wird sich das Landschaftsbild maßgeblich ändern – hin zu einem naturnäheren Zustand“, erklärt Christoph Rothfuchs, Förster für Waldökologie der NLF. „Durch das höher anstehende Grundwasser werden zwar auch Bäume im und am Moor absterben. Insgesamt soll sich die Zusammensetzung der Baumarten dahingehend ändern, dass sich wieder typische Arten der Bruch- und Auenwälder ausbreiten. In Summe profitiert auch der Wald davon, da Trockenphasen durch Wasserspenden aus dem Moor abgepuffert werden. Dadurch erhält der Wald einen größeren Strukturreichtum. Voraussetzung ist jedoch, dass künftig ausreichend Niederschlag fällt“, so Rothfuchs.
Für den Erfolg des mit EU- und Landesmitteln des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) nach der Richtlinie „Klimaschutz durch Moorentwicklung“ geförderten Projektes hoffen deshalb alle Beteiligten auf nasse Füße.
Artikel-Informationen
erstellt am:
08.12.2022
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