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Erfolgsfaktoren und Stolpersteine auf dem Weg zum guten Gewässerzustand

NLWKN veröffentlicht Untersuchungsergebnisse zu Revitalisierungsprojekten an Gewässern in Niedersachsen


Die Lutter in der Nähe von Eldingen ist eines der bereits naturnah umgestalteten Gewässer in der Lüneburger Heide (Foto: Zietz, NLWKN).   Bildrechte: Hans-Jürgen Zietz/NLWKN
Die Lutter in der Nähe von Eldingen ist eines der bereits naturnah umgestalteten Gewässer in der Lüneburger Heide (Foto: Zietz, NLWKN).

Norden/Hannover. Ein guter ökologischer Zustand für alle Oberflächengewässer – das ist das erklärte Ziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Um dieses zu erreichen, wurden in Niedersachsen an verschiedenen Bächen und Flüssen in den letzten Jahren Revitalisierungsprojekte umgesetzt, um die Gewässer für charakteristische Tier- und Pflanzenarten wieder stärker naturnah und durchgängig zu gestalten. Wo sich bereits Erfolge eingestellt haben, wie Maßnahmen weiter optimiert werden können und welche Probleme es noch zu überwinden gilt, zeigt ein neuer Bericht des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der jetzt veröffentlicht wurde.

Die biologische Untersuchung nimmt dabei vorrangig einige durch das Land Niedersachsen in den letzten Jahren geförderte Maßnahmen unter die Lupe. Im Fokus steht die Frage, ob die eingeleiteten Maßnahmen zielgerichtet wirken und die maßgeblichen gewässermorphologischen Defizite beseitigt wurden. „Denn nur wenn die gewässertypischen Arten von Fischen, Wirbellosen und Wasserpflanzen die neugestalteten und sich entwickelnden Lebensräume langfristig besiedeln und damit der ökologische Zustand signifikant verbessert wird, ist eine Maßnahme auch im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie erfolgreich“, erläutert Dr. Oliver Finch, Biologe des NLWKN und Erstautor der neuen Veröffentlichung. Finch betont, dass sich auch das Fachwissen über die Umsetzung zielführender Renaturierungsmaßnahmen stetig weiterentwickele und somit erst in die Praxis „übersetzt“ werden müsse.

Erfolgsfaktoren und Stolpersteine

Insgesamt zeigen die an 13 Maßnahmenstrecken in ganz Niedersachsen durchgeführten Untersuchungen viele positive Effekte auf. Insbesondere strukturärmere Gewässerabschnitte lassen sich demnach relativ leicht durch Steigerungen des Strukturreichtums, der natürlichen Dynamik und der Strömungsvielfalt so aufwerten, dass sich gewässertypische Arten wieder ansiedeln können – darunter auch viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Auch der Aufbau von wichtigen Ufergehölzen ist ein erfolgversprechendes Instrument. „Gerade Maßnahmen auf längerer Strecke, wie sie etwa am Wümme-Nebenfluss Wörpe und der Melstruper Beeke im Emsland in den letzten Jahrzehnten schrittweise realisiert werden konnten, verdeutlichen die enormen Entwicklungspotenziale“, so Finch. Dies gelte insbesondere dann, wenn entsprechende Projekte mit einer Reduzierung der technischen Gewässerunterhaltung und der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit einher gehen.

Isolierte, lediglich kurze revitalisierte Streckenabschnitte dagegen haben oft mehr Probleme, sich wie gewünscht zu entwickeln: So kommt es zum Beispiel öfter zu Übersandungen der eingebrachten Kiese aus oberliegenden Gewässerstrecken. Zudem ist Totholz hier oft nicht in genügender Menge vorhanden. „Die Strecken sind oft schlicht zu kurz, um den komplexen Lebensraumansprüchen der Arten gerecht zu werden. Und sie leiden unter Stoffeinträgen, weil etwa ausreichend breite Gewässerrandstreifen mit natürlichem Bewuchs oder eine naturnahe Gewässeraue fehlen“, bilanziert Oliver Finch. Die Nährstoff- und ggf. auch die Spurenstoffbelastung zum Beispiel durch Pestizide könne dann eine erfolgreiche Wiederbesiedlung verhindern. Auch fällt es dem NLWKN-Bericht zufolge in der heute vielfach intensiv genutzten Landschaft oft schwer, selbst kleinräumige, kontrollierte eigendynamische Gewässerentwicklungen zuzulassen, den Gewässern mehr Raum zu geben und Belastungen aus anderen Teilen der Einzugsgebiete abzustellen.

Folgen des Klimawandels werden spürbar

Auch die Konsequenzen der Klimakrise schlagen sich in den Befunden der NLWKN-Veröffentlichung nieder: „Unsere Untersuchungen zeigen, dass extreme Trockenperioden, wie wir sie zwischen 2018 und 2022 hatten, die Fließgewässer belasten und die Wiederbesiedlung von renaturierten Gewässerstrecken durch solche Ereignisse gehemmt wird“, so Diplom-Biologin Claudia Wolff vom NLWKN in Braunschweig. So gewinne auch vor dem Hintergrund des Klimawandels die Renaturierung der Gewässer erheblich an Bedeutung: „Fakt ist: In naturnahen und durchgängigen Gewässern können die Lebensgemeinschaften selbst unter extremen Umweltbedingungen besser überleben“, so die Expertin.

Die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie sollen deshalb in den nächsten Jahren stetig weiterverfolgt werden. Auch die Gewässerauen spielen dabei eine Rolle. Sie sollen wieder stärker zu naturnahen Lebensräumen entwickelt werden. „Dies ist eine weitere wichtige Aufgabe, die das Land mit dem Aktionsprogramm Niedersächsische Gewässerlandschaften in den Fokus nimmt, denn: der Wasserrückhalt in den Auen kann die Wirkungen von Hochwasser und Dürre deutlich abdämpfen“, betont Wolff. Verschiedene landesweite Förderprogramme stehen gezielt für Maßnahmen der Gewässer- und Auenentwicklung zur Verfügung.

Guter Zustand vielfach noch nicht erreicht

Das ambitionierte Ziel eines guten ökologischen Zustands für alle Oberflächengewässer ist bis heute weder in Niedersachsen noch deutschlandweit erreicht. Die Bundesländer müssen deshalb Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme fortschreiben und alle sechs Jahre zur Berichterstattung nach Brüssel liefern. Die Bewirtschaftungspläne bilden die Grundlage für die Bewirtschaftung der niedersächsischen Oberflächengewässer und des Grundwassers. Damit einher geht die Maßnahmenumsetzung in der Fläche, die von vielen verschiedenen Beteiligten – Wasser- und Bodenverbänden, naturkundlich engagierten Vereinigungen und den örtlichen bzw. regional tätigen Behörden – vorangetrieben wird. So werden in der Vergangenheit ausgebaute, begradigte oder stauregulierte Fließgewässer heute vielerorts Stück für Stück nach ökologischen Gesichtspunkten revitalisiert und wieder durchgängig gestaltet. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse des Maßnahmenmonitorings sollen einen Beitrag zur Erhöhung der Effektivität von Fließgewässerentwicklungsmaßnahmen und damit auch zu einer zügigeren Erreichung der Umweltziele der WRRL leisten.


In der Schunter wurde östlich von Braunschweig unter anderem eine Kiesschwelle eingebaut, um die Revitalisierung des Gewässers zu fördern (Foto: Wolff, NLWKN).   Bildrechte: Wolff/NLWKN
In der Schunter wurde östlich von Braunschweig unter anderem eine Kiesschwelle eingebaut, um die Revitalisierung des Gewässers zu fördern (Foto: Wolff, NLWKN).
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Artikel-Informationen

erstellt am:
14.06.2024

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