„Hannoversche Moorgeest“: Große Fortschritte beim Wasserrückhalt im Naturschutzgebiet erzielt
Zweite Bauphase des LIFE+-Projektes ist erfolgreich abgeschlossen.
Region Hannover - Beim EU-Life+-Projekt „Hannoversche Moorgeest“ geht es weiter voran: Die zweite Bauphase des LIFE+-Projektes ist erfolgreich abgeschlossen. Dadurch konnten große Fortschritte beim Wasserrückhalt in den Mooren erzielt werden. Seit August 2022 fanden im Otternhagener und im Bissendorfer Moor umfangreiche Arbeiten statt, um die Wasserstände anzuheben. 47 Hektar Arbeitstrassen wurden von Gehölzbewuchs freigestellt, um auf einer Länge von 22 Kilometer Moordämme zur Regenwasserrückhaltung zu errichten. 170 gesetzte Verschlusspunkte in Entwässerungsgräben verhindern zusätzlich den Wasserverlust. Jetzt ruhen die Arbeiten in den Mooren bis Ende Juli, um die Tier- und Pflanzenwelt nicht zu beeinträchtigen.
„Die jetzt abgeschlossenen Arbeiten dienen dem immens wichtigen Regenwasserrückhalt, denn wir brauchen möglichst ganzjährig moortypische Wasserstände. Nur so können wir die wertvollen geschützten Lebensräume der Tier- und Pflanzenarten der Hochmoore erhalten und entwickeln“, so Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer. Drei Firmen waren unter der Bauleitung des NLWKN im Einsatz, gemeinsam wurden große Fortschritte erzielt, erklärt Susanne Brosch, Projektmanagerin im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Die im Baubereich liegenden Moorflächen können sich nun schrittweise wieder stabilisieren und regenerieren. „Wichtig ist das Plus an Nässe. Aktuell ist der Wasserrückalt nach den Winterniederschlägen schon deutlich sichtbar“, teilt Brosch mit.
Im Bissendorfer Moor fanden erstmalig Bauarbeiten statt. Wie von den beiden Aussichttürmen im Gebiet gut zu sehen ist, wurde die erste Dammlinie um die baumfreie Fläche im Zentrum des Moores aufgebaut. Das Regenwasser fließt daher nun nicht mehr ungehindert ab, es sammelt sich vielmehr jetzt hinter den Moordämmen. Fachleute beobachten die steigenden Wasserstände vor Ort. Mit einer Fotodrohne werden regelmäßig der Baufortschritt und die Funktionsfähigkeit der Dämme sowie Überläufe kontrolliert. Das ersetzt Kontrollgänge auf den fertig gestellten Dammabschnitten. Die durchziehenden Kraniche, aber auch die in den Mooren bleibenden Brutpaare profitieren von den nässeren Moorbereichen und der nun wieder einkehrenden Ruhe im Gebiet.
Im Otternhagener Moor wurden die im Winter 2021/2022 begonnenen Arbeiten fortgesetzt. Auf den schrittweise von Gehölzen freigestellten Dammtrassen wurden 16 Kilometer Moordämme aufgebaut sowie mehrere Entwässerungsgräben punktuell verschlossen und dadurch unwirksam gemacht. Im Ergebnis sind nun zwei Drittel der geplanten Arbeiten zur Optimierung der Wasserstände abgeschlossen. Letzte Restarbeiten finden aktuell noch am Rand des Moores statt. Abgelegtes Holz wird abgefahren und beschädigte Wege werden repariert. Ab August 2023 rollen wieder Bagger im Otterhagener Moor, um das verbleibende letzte Drittel der Baumaßahmen im Otternhagener Moor umzusetzen.
Die eingesetzten Bagger waren mit breiten Fahrketten ausgerüstet, um nicht im feuchten Moorboden zu versinken. In manchen Bereichen mussten zusätzlich noch Stahlplatten als Fahrhilfe untergelegt werden, da der Moorboden teilweise nicht ausreichend tragfähig ist. Gehölze konnten auf diesen Arbeitsstraßen mit einem Spezialgerät abgekniffen und Moordämme aus anstehendem Torf gebaut werden. Das entfernte Holz verbleibt entweder als Totholz im Moor oder wird - sofern möglich - zur anderweitigen Nutzung abtransportiert. In den kommenden Bauphasen, die jeweils im Zeitraum zwischen August und Februar geplant sind, werden die Bauarbeiten fortgeführt.
Durch den optimierten Regenwasserrückhalt werden sich nicht nur die Wasserstände im Torfkörper, sondern auch im Grundwasserleiter erhöhen. Die Torfmineralisierung wird dadurch schrittweise reduziert, mit der Folge, dass weniger klimaschädliches Kohlendioxid entweicht.
Auch Umweltminister Meyer sieht den Baufortschritt als wichtiges Signal: „Lebendige Moore wie die vier Moore in der Hannoverschen Moorgeest sind „Alleskönner“: Sie sind Hotspots der Artenvielfalt und bieten Lebensraum für zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten. Sie binden in ihrem Torfkörper große Mengen an klimaschädlichem CO2 und wirken so als natürliche Kohlenstoffspeicher. Zudem sind Moore riesige Wasserspeicher, die Niederschläge in der Fläche zurückhalten und unsere Grundwasserreserven auffüllen können.“
Für das Helstorfer Moor wird im Frühjahr 2023 der letzte noch ausstehende Planfeststellungsbeschluss erwartet. Sobald der Beschluss rechtskräftig ist, werden auch hier umfangreiche Baumaßnahmen durch den NLWKN ausgeschrieben. Insgesamt werden die Bauarbeiten im Projektgebiet „Hannoversche Moorgeest“ bis 2027 andauern.
Träger des LIFE+-Projekts ist das Niedersächsische Umweltministerium; der NLWKN setzt es in dessen Auftrag gemeinsam mit der Region Hannover um. Es wird im Rahmen des EU-Umweltprogramms LIFE+ mit 8,5 Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert. Die weiteren Kosten tragen das Land Niedersachsen und die Region Hannover.
Hintergrundinformation
Niedersachsen hat innerhalb Deutschlands den größten Flächenanteil an Hochmooren. Sie haben jedoch fast alle durch Entwässerung, Abtorfung und Kultivierung ihren ursprünglichen Charakter verloren. Das Bissendorfer, Helstorfer, Otternhagener und Schwarze Moor in der „Hannoverschen Moorgeest“ gehören zu den wenigen weitestgehend erhaltenen naturnahen Hochmooren Niedersachsens. Aufgrund ihrer starken Gefährdung und der großen ökologischen Bedeutung stehen sie unter dem Schutz der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU und sind Bestandteile des europäischen Netzwerkes „Natura 2000“. Sie haben das Potenzial, sich wieder zu lebenden Hochmooren mit wachsenden Torfmoosen zu entwickeln. Das Naturschutzprojekt dient aber auch dem Klimaschutz. Die renaturierten Moore werden laut Schätzung etwa 2.700 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente jährlich einsparen.
Die Federführung für die Umsetzung des Projekts liegt beim Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Dieses hat den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit der Gesamtkoordination und Umsetzung des Projektes beauftragt. Bei der Planung und Umsetzung des Projektes arbeiten die Bereiche Naturschutz und Wasserwirtschaft des NLWKN Hand in Hand. Die Region Hannover bringt sich personell, finanziell und im Zuge der Maßnahmenumsetzung ein.
Das Projektgebiet – das sind das Bissendorfer, Otternhagener, Helstorfer und das Schwarze Moor – umfasst 2.243 Hektar. Zur Wiedervernässung sollen Entwässerungsgräben zurückgebaut und Dammbauten (Ringwälle) aus vorhandenem Torf errichtet werden, welche das Regenwasser auf den Moorflächen zurückhalten. Ergänzt werden diese baulichen Maßnahmen durch zahlreiche weitere Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen.
Seit Ende 2012 läuft begleitend das Flurbereinigungsverfahren „Hannoversche Moorgeest“ mit etwa 900 Grundeigentümern und über 2.200 Flurstücken. Aktuell sind etwa 92 Prozent der Flächen im Besitz der öffentlichen Hand.
In allen Phasen des Projekts wird großer Wert auf die Einbindung der örtlichen Bevölkerung und Nutzergruppen gelegt. Ein 2012 gegründeter Projektbeirat begleitet das Vorhaben über die gesamte Laufzeit. Der Beirat ist als Praktikerforum konzipiert, in welchem unter anderem die Forstwirtschaft, die Jagd, die Landwirtschaft sowie die Unterhaltungsverbände der Wasserwirtschaft und die Naturschutzverbände vertreten sind.
Ansprechperson NLWKN, LIFE+-Projekt „Hannoversche Moorgeest“:
Projektmanagement
Susanne Brosch, 0511-3034-3115, susanne.brosch@nlwkn.niedersachsen.de
Artikel-Informationen
erstellt am:
22.03.2023
zuletzt aktualisiert am:
19.10.2023
Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle
Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
Tel: +49 (0)511 3034-3322 sowie +49 (0)4931/ 947 -173 und +49 (0)4931/ 947 -181
Fax: +49 (0)4931/947 - 222