Hochwasserschutz: Extremwetterereignisse nehmen zu
In Niedersachsen werden jetzt verstärkt Schöpfwerke erneuert // Presseinformation vom 7. Juni 2017
Dass Hochwasserschutz viele Facetten beinhaltet, machte Umweltminister Stefan Wenzel am Beispiel der Grundinstandsetzung der Schöpfwerke deutlich: In Niedersachsen gibt es allein in den Haupt- und Schutzdeichen mehr als 150 Schöpfwerke mit ganz unterschiedlicher Leistung, die von den jeweiligen Entwässerungsverbänden oder vom NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) betrieben werden. Dazu kommen noch die kleineren Unterschöpfwerke in der Hand der Entwässerungsverbände. „Viele Schöpfwerke sind inzwischen in die Jahre gekommen und arbeiten mit veralteter Technik. Mit Beginn der neuen EU-Förderperiode ist neben der Erweiterung vorhandener Schöpfwerke auch die Grundinstandsetzung der Anlagen förderfähig“, sagte Wenzel am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts des NLWKN in Norden. Eingesetzt werden ausschließlich EU-Mittel, bis zu 63 Prozent Zuschüsse sind möglich. Bewilligungsbehörde ist der NLWKN.
„Schöpfwerke sind erforderlich, um in tiefliegenden Gebieten eine hochwassersichere Besiedlung und die Landnutzung gewährleisten zu können“, erläuterte Anne Rickmeyer, Direktorin des NLWKN. Die Zuschüsse aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) für die Grundinstandsetzung von Schöpfwerken werden stark nachgefragt, auch wenn eine Kofinanzierung mit nationalen Hochwasserschutzmitteln nicht möglich ist. Seit Beginn der Förderperiode wurden 32 Anträge eingereicht, 21 Schöpfwerke können bzw. konnten jetzt saniert werden; insgesamt fließen knapp drei Millionen Euro an Zuschüssen. Inklusive Eigenanteil beträgt das Investitionsvolumen etwa fünf Millionen Euro. Die Palette der Maßnahmen reicht von der Erneuerung der Steuerungs- und Elektrotechnik bis zum Ersatz ganzer Pumpen. „Durch den Einsatz von moderner Steuerungs- und Elektrotechnik ist eine enorme Effizienzsteigerung bei den Schöpfwerksmotoren zu erzielen, das stärkt den Hochwasserschutz“, betonte Rickmeyer.
Für den Hochwasserschutz in Niedersachsen stehen 2017 insgesamt rund 23 Millionen Euro zur Verfügung. 12,7 Millionen Euro stellen Bund und das Land Niedersachsen bereit, weitere Fördermittel in Höhe von 10,4 Millionen Euro kommen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. Nicht alle beantragten Projekte können berücksichtigt werden. Insgesamt waren es 126 förderfähige Projekte mit einem Bauvolumen von rund 35,5 Millionen Euro. „Auch für die Folgejahre bis 2020 zeichnet sich ein hoher Mittelbedarf ab; die jährlich bereitstehenden Kontingente werden deutlich überschritten“, sagte Rainer Carstens, Mitglied der Direktionsleitung des NLWKN.
Wie langfristig im Hochwasserschutz geplant wird, machte Carstens an einem Projekt des Deichverbandes „Heede-Aschendorf-Papenburg“ deutlich, der entlang der Ems insgesamt knapp zwölf Kilometer Hochwasserdeiche unterhält. Sie wurden und werden seit 2006 kontinuierlich erhöht und verstärkt; der Abschluss ist für 2018 geplant. „Über einen Zeitraum von zwölf Jahren haben wir hier rund acht Millionen Euro investiert, um damit die vorhandenen Hochwasserdeiche auf den technisch erforderlichen Stand zu bringen“.
Investitionen in den Hochwasserschutz sind das eine – mindestens ebenso wichtig ist eine verlässliche Vorhersage der Wasserstände im Ernstfall. Die gibt es inzwischen für acht Flusseinzugsgebiete, nämlich für Aller, Leine, Oker, Hase, Hunte, Wümme, Ilmenau und Vechte; für die Große Aue läuft der Testbetrieb. Die Hochwasservorhersagezentrale des NLWKN hat so genannte Vorhersagemodelle entwickelt; Mit den im Internet veröffentlichten Wasserstandsvorhersagen bietet der NLWKN einen Service sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für Behörden und Organisationen, der stark nachgefragt wird: www.pegelonline.nlwkn.niedersachsen.de
Einfach ist die Vorhersage nicht, wie Rickmeyer erläutert: „Die Hochwasservorhersagezentrale berechnet die Vorhersagen für den Wasserabfluss in sehr unterschiedlichen Einzugsgebieten, die vom Norddeutschen Tiefland bis in die Mittelgebirgsregionen reichen. Dabei ist keine Region wie die andere“. Eine besondere Herausforderung bei der Vorhersage sei die Erfassung des Gebietsniederschlages für jedes Pegeleinzugsgebiet, sagte Rickmeyer: „Eine hohe Messnetzdichte und eine schnelle Verfügbarkeit der Daten sind wichtig, um die Niederschlagsverteilung in der Fläche so gut wie möglich vom Modell berechnen zu lassen“.
Wie wichtig verlässliche Vorhersagen sind, zeigte sich erneut 2016, als insgesamt fünf Hochwasser-Ereignisse den NLWKN in Atem hielten. Nachdem es schon im Januar und Februar immer wieder zu kleinen Hochwassersituationen in unterschiedlichen Flussgebieten gekommen war, sorgte ein flächendeckender Dauerregen vom 20. bis zum 23. Februar für eine überregionale Hochwassersituation in Niedersachsen. Gewitter und Starkregen haben in den Monaten Mai, Juni und Juli in vielen Regionen Deutschlands für Sturzfluten und Überschwemmungen gesorgt. Auch in Niedersachsen führten die Starkregen zu Überflutungen von Straßen und Gebäuden.
Übrigens: Für die Hochwasservorhersagezentrale des NLWKN brachte das Hochwasser im Februar 2016 einen Rekord mit sich: In vier Flusseinzugsgebieten mit einer Gesamtfläche von 22.500 km² wurden an knapp 30 Pegeln gleichzeitig Wasserstandsvorhersagen im Internet veröffentlicht.
Jahresbericht 2016/2017 im Internet:
www.nlwkn.niedersachsen.de / Aktuelles / Jahresberichte
http://www.nlwkn.niedersachsen.de/aktuelles/jahresberichte/46059.html
Artikel-Informationen
erstellt am:
07.06.2017