Naturnahe Auen und ein neues Zuhause für „Wasserdrachen“
NLWKN schließt umfangreiches Renaturierungsprojekt an der Rhume im Landkreis Göttingen erfolgreich ab // Kammmolch und andere Arten profitieren
Katlenburg-Lindau/Göttingen – Ruhezonen, Biotope, wiederangeschlossene Flussarme und ein neuer Auwald: Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hat die Renaturierung der Rhumeaue im Landkreis Göttingen bei Lindau erfolgreich abgeschlossen. Dabei wurde der strukturarme Fluss sowie die Aue auf einem rund 1.000 Meter langen Teilstück naturnäher gestaltet. Von den Arbeiten profitieren soll unter anderem der streng geschützte Kammmolch: Für Deutschlands größten „Wasserdrachen“ wurden neue Biotope in Form von Stillgewässern geschaffen.
Hintergrund des Projekts an der Rhume sind die Bestimmungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Demnach gilt der Fluss – ein sogenanntes „Gewässer II. Ordnung“ – als Prioritätsgewässer. „Die EU-Richtlinie sieht vor, dass die Grund- und Oberflächengewässer der Mitgliedsstaaten in einen guten Zustand gebracht werden müssen“, erklärt Kathrin Moggert von der NLWKN-Betriebsstelle Süd in Göttingen, die das Projekt nahe Lindau geplant und umgesetzt hat. Das Problem: Im vorigen Jahrhundert war der Verlauf der Rhume hier durch menschliches Eingreifen begradigt und eingetieft worden. Infolgedessen liegt ihre Aue heute deutlich höher – die Rhume gilt in der Bewertung entsprechend als stark verändertes Gewässer.
Das jetzt abgeschlossene Revitalisierungsprojekt soll das ändern. Es umfasst dabei mehrere Teilaspekte. Die ausgeführten Arbeiten sollen sowohl das Fließgewässer selbst als auch die umgebende Aue aufwerten, betont Kathrin Moggert: „Ziel war es, nicht nur die Vorgaben der WRRL umzusetzen, sondern auch Synergien mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zu ermöglichen, die der Erhaltung der biologischen Vielfalt insgesamt dient“. Um der begradigten und strukturarmen Rhume wieder eine vielfältige und wertvolle Ufer- und Sohlstruktur zu verleihen, wurden konkret Totholz als Strömungslenker sowie Kiesrauschen in die Rhume eingebaut. Sie sollen unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten erzeugen und Ruhezonen für Fische und Kleinlebewesen schaffen.
Auch zwei Altarme der Rhume – Relikte ihres historischen, eigentlich in großen Bögen fließenden Gewässerverlaufs – wurden per Rückschlagklappen wieder an die Rhume angeschlossen. „Bei Hochwasser wird das Wasser nun in die Altarme gedrückt, kann aber nicht wieder sofort abfließen. Dadurch wird die Wasserführung dieser Stillgewässer deutlich verbessert und eine ganzjährige Wasserhaltung ermöglicht“, erklärt Edith Büscher-Wenst, ebenfalls vom NLWKN. Neu gestaltete Furten ermöglichen zudem nun eine Verbindung der ursprünglich durch Wege voneinander getrennten Altarme.
Neuer Lebensraum im Umfeld des Flusses
Neben den umgesetzten Arbeiten im Bereich der Gewässersohle und Altarme bieten ab sofort zusätzlich zwei neu geschaffene Feuchtbiotope einen geeigneten Lebensraum für zahlreiche Wasservögel, Insekten und Amphibien – etwa dem seltenen und gefährdeten Kammmolch: Der bis zu 18 Zentimeter lange „Wasserdrache“ ist ein wahrer Riese unter den heimischen Molchen. Aufgrund seiner Nachtaktivität und Vorliebe für eine versteckte Lebensweise wird er dennoch selten gesichtet.
Zur Verbesserung der Auenfunktion wurden auf den umliegenden landeseigenen Naturschutzflächen Initialpflanzungen mit standorttypischen Gehölzen vorgenommen, die zunächst durch Holzzäune und Drahtgeflechte vor Fressfeinden wie dem Biber geschützt werden. „Auf den aufgelockerten Oberbodenbereichen wird sich durch die natürliche Ansiedlung von Gehölzen – insbesondere Schwarzerlen und Weidenarten – ein nach und nach natürlicher Auwald entwickeln, der dann den typischen Auwaldbewohnern wie Biber und Fischotter frei zur Verfügung steht“, so Büscher-Wenst. Auch die Kammerung von Gräben soll zu einem verbesserten Wasserrückhalt im Gebiet führen.
Die Bauzeit des Projektes an der Rhume hatte sich aufgrund zwischenzeitlich ungünstiger Witterungsbedingungen stark verlängert. Baubeginn war im Oktober 2023. Angesichts des sehr niederschlagsreichen Jahresendes 2023 mussten die Arbeiten in den Wintermonaten und wegen des nassen Frühjahrs zunächst bis zum Sommer 2024 ruhen. Die Baumaßnahme konnte entsprechend erst Ende 2024 abgeschlossen werden. Finanziert wurde die Umsetzung durch das Programm Fließgewässerentwicklung mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes Niedersachsen. „Mit dem Abschluss des Projekts konnte jetzt ein weiterer Baustein zur Renaturierung der Rhume und der naturnahen Entwicklung von landeseigenen Naturschutzflächen realisiert werden“, freut sich Kathrin Moggert.
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erstellt am:
22.01.2025
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