Zum Int. Tag des Ehrenamts (5.12): Fledermäuse, Wölfe und seltene Arten: Ohne Ehrenamt wären zahlreiche Naturschutzaufgaben in Niedersachsen nicht zu erfüllen
365 Tage, ein Melder und 7000 wertvolle Hinweise
Hannover. Sie kämpfen sich durch hüfthohes Gras, um seltene Arten zu erfassen oder beraten auch nach Feierabend noch zum Fledermausfund auf dem Scheunenboden: Ehrenamtliche spielen für den Naturschutz in Niedersachsen eine wichtige Rolle. Alleine im Rahmen der Erfassung von Tier- und Pflanzenarten haben sie in den letzten Jahren über 2,8 Millionen Sichtungen gemeldet. Ohne diese Daten und das ehrenamtliche Engagement seien viele Erkenntnisse, aber auch die Umsetzung wichtiger Schutzprojekte kaum denkbar, betont der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) anlässlich des Internationalen Tags des Ehrenamts am 5. Dezember.
Über 3.000 Bürgerinnen und Bürger melden demnach aktuell in ihrer Freizeit gemachte Beobachtungen nach den Kriterien des Tierarten-Erfassungsprogramms an die Fachbehörde für Naturschutz, wo die Daten aufbereitet und ausgewertet werden. Rund 1.500 Melderinnen und Melder haben zudem ein Auge auf die Pflanzenwelt zwischen Borkum und Göttingen. Und das oftmals regelmäßig: So kamen 2022 alleine die drei aktivsten Ehrenamtlichen auf 7.046, 4.687 und 1.459 einzelne Artmeldungen. „Unsere drei Top-Meldenden sind seit vielen Jahren mit Begeisterung dabei und haben seit 2004 zusammen über 100.000 wertvolle Hinweise auf relevante Artenvorkommen gegeben“, berichtet Dr. Jakob Fahr, Aufgabenbereichsleiter Landesweiter Artenschutz beim NLWKN in Hannover.
Wichtige Daten im Kampf gegen den Artenrückgang
Das inzwischen auch durch Web-Anwendungen unterstützte „Sammelfieber“ hat einen ernsten Hintergrund: Eine große Anzahl in Niedersachsen heimischer Tier- und Pflanzenarten ist heute in ihrem Bestand bedroht. Um sie effektiv schützen zu können, müsse aber zunächst bekannt sein, wo die jeweilige Art überhaupt vorkommt: „Nur eine dauerhafte Beobachtung der Natur kann frühzeitig auf unerwünschte Entwicklungen aufmerksam machen und ein Gegensteuern ermöglichen – Arten brauchen daher Daten. Eine auch nur annähernd flächendeckende Kartierung der Flora und Fauna Niedersachsens ist mit hauptamtlichen Kräften alleine dabei nicht zu leisten“, unterstreicht NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer die Bedeutung des ehrenamtlichen Einsatzes. Der Landesbetrieb motiviert deshalb regelmäßig Naturbegeisterte, sich ehrenamtlich als Melderinnen und Melder für den Tier- und Pflanzenartenschutz zu engagieren. Mehrmals im Jahr angebotene Schulungen im Gelände helfen dabei, die verschiedenen Arten kompetent unterscheiden zu können.
In den bevorstehenden Wintermonaten wird sich der Blick von knapp 200 aktiven Melderinnen und Meldern dabei immer wieder auch in den Himmel richten: Zur Unterstützung der Arbeit der Staatlichen Vogelschutzwarte beobachtet und zählt diese Gruppe von Ehrenamtlichen dann wieder an international festgelegten Terminen und nach einem standardisierten Meldeverfahren Gastvögel in Niedersachsen. Ob Kranich, Gänse oder die Vielzahl an Vogelarten zur Brutzeit: Auch für den Erhalt einzelner Vogelarten und die Konzeption von Schutzmaßnahmen sind Daten zu Vorkommen und Verbreitung, aber auch zur Bestandsentwicklung von zentraler Bedeutung.
Im Einsatz, wenn andere frei haben: Fledermaus- und Wolfsberater
Doch nicht nur mit Fernglas und Lupe leisten Ehrenamtliche einen wichtigen Beitrag für den Naturschutz in Niedersachsen: Rund 75 Fledermaus-Regionalbetreuende unterstützen die unteren Naturschutzbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte aktiv beim Fledermausschutz – etwa, indem sie zum Umgang mit Fundtieren oder Quartieren in Gebäuden beraten, Exkursionen und Vorträge veranstalten und die Pflege verletzter Tiere vermitteln oder gleich selbst übernehmen. „Fledermaus-Regionalbetreuerinnen und -betreuer stellen in Niedersachsen somit ein wichtiges Bindeglied zwischen dem praktischen Fledermausschutz vor Ort, dem NLWKN und anderen Naturschutzbehörden dar“, heißt es beim Landesbetrieb. Der NLWKN koordiniert den fachlichen Austausch und die Ernennung der Regionalbetreuer.
Ein konfliktbeladenes Thema und teils durchaus herausfordernde Ortstermine erwartet dagegen jene knapp 150 Freiwilligen, die sich in Niedersachsen als Wolfsberaterinnen und Wolfsberater engagieren. Ob bei der Beratung von Bürgerinnen und Bürgern, der Aufnahme von Spuren oder dem Nachgehen von konkreten Hinweisen auf ein Wolfsvorkommen: „Mit der Anwesenheit von Wölfen gibt es einen besonders großen Informationsbedarf in der Bevölkerung. Die moderne Gesellschaft hat verlernt, mit dem Wolf unaufgeregt zu leben – das ist eine besondere Herausforderung auch für unsere freiwilligen Beraterinnen und Berater zu diesem sensiblen Themengebiet“, weiß Dr. Ingrid Wiesel vom Wolfsbüro des NLWKN. Ehrenamtliche Wolfsberater haben dabei alleine 2022 knapp 2.000 Meldungen aufgezeichnet.
Artgerechte Unterbringung in ehrenamtlicher Hand
Doch nicht nur unterwegs und im Gelände sind Freiwillige im Rahmen von Naturschutzaufgaben in Niedersachsen im Einsatz: Auch wichtige stationäre Anlaufpunkte wie die insgesamt 16 anerkannten Wildtierbetreuungsstationen werden vor allem ehrenamtlich getragen. Die Wildtier- und Artenschutzstation in Sachsenhagen ist mit bis zu 3.500 aufgenommenen Tieren pro Jahr eine der größeren dieser Betreuungseinrichtungen, die verletzte, kranke oder hilflos aufgefundene Wildtiere aufnehmen, um sie gesund zu pflegen und anschließend wieder auszuwildern. Auch im NABU-Artenschutzzentrum in Leiferde, das 2022 rund 3.800 Wildtiere aufnahm, arbeiten gegenwärtig sechs Freiwillige im Rahmen eines Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) oder Bundesfreiwilligendiensts (BFD) sowie zahlreiche weitere Ehrenamtliche in der Station mit.
„Die Stationen sind für unsere Arbeit wichtige Partner: Sie nehmen zum Beispiel behördlich beschlagnahmte und eingezogene Tiere der besonders geschützten Arten auf und gewährleisten so eine artgerechte Unterbringung auch bei nicht heimischen Tieren. Diese erfordern oft sehr spezielle Haltungsbedingungen. Sie tragen damit wesentlich zum niedersächsischen Artenschutzvollzug bei“, erklärt NLWKN-Expertin Dr. Mirja Püschel. Der Landesbetrieb begleitet deshalb zusammen mit den örtlich zuständigen Landkreisen den Stationsbetrieb und unterstützt ihn finanziell mit Landesmitteln.
Minister Meyer: „Ehrenamtlichen gilt mein ausdrücklicher Respekt“
„Das vielfältige und oftmals langjährige Engagement von freiwilligen Melderinnen und Meldern, von Regionalbetreuern und Wolfsberatern kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Hier investieren Menschen aus innerer Überzeugung oftmals einen nicht unerheblichen Teil ihrer Freizeit, um sich aktiv für den Erhalt seltener Tier- und Pflanzenarten in unserer niedersächsischen Naturlandschaft stark zu machen. Diesen engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern gilt mein ausdrücklicher Respekt“, dankt der Niedersächsische Umweltminister Christian Meyer den Freiwilligen anlässlich des Internationalen Tags des Ehrenamts.
Artikel-Informationen
erstellt am:
04.12.2023
Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle
Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
Tel: +49 (0)511 3034-3322 sowie +49 (0)4931/ 947 -173 und +49 (0)4931/ 947 -181
Fax: +49 (0)4931/947 - 222