Radiochemische Untersuchungen
Im Radiochemischen Labor wird das Auftreten von künstlichen und natürlichen radioaktiven Stoffen in der Umwelt untersucht. Durch die Anwendung von radiochemischen Trennverfahren und Kernstrahlungsmesstechniken ist das Labor in der Lage, den Gehalt an radioaktiven Stoffen in beliebigen Materialien zu ermitteln. Dies ist gleichbedeutend mit der Messung von sogenannten „Aktivitäten“, die oft für einzelne Radionuklide wie Iod‑131, Cäsium‑137 oder Blei‑210 ermittelt werden.
Das Radiochemische Labor ist Teil der Umgebungsüberwachung kerntechnischer Anlagen in Niedersachsen. Darüber hinaus unterstützt es analytisch die Sachverständige Stelle Strahlenschutz im NLWKN, die ihrerseits die Gewerbeaufsichtsverwaltung berät und unterstützt.
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Aufgaben
Nach dem „Gesetz zum vorsorgenden Schutz der Bevölkerung gegen Strahlenbelastung“ (Strahlenschutzvorsorgegesetz; StrVG) hat das Labor die Aufgabe, die Radioaktivität in der Umwelt durch einen kontinuierlichen Messbetrieb zu überwachen. Diese Aufgabe wird bei „Ereignissen mit möglichen nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen“ z.B. bei Freisetzungen von radioaktiven Stoffen, durch einen sogenannten „Intensivbetrieb“ forciert.
Das Strahlenschutzvorsorgegesetz ist eine Folge des Reaktorunfalls von Tschernobyl und bezieht sich auf alle denkbaren Freisetzungen. Darüber hinaus werden die mit dem StrVG verbundenen Laboraufgaben auch im Rahmen der Nuklearspezifischen Gefahrenabwehr durchgeführt. Die Überwachung kerntechnischer Anlagen erfolgt in Anlehnung an die Richtlinie der Emissions- und Immissionsüberwachung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Laboraufgaben im Rahmen der Nuklearspezifischen Gefahrenabwehr werden durch Strahlenschutzsachverständige des NLWKN angefordert.
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Leistungsumfang des Radiochemischen Labors
Die große Herausforderung für das Radiochemische Labor besteht darin, minimale Änderungen der ohnehin extrem niedrigen Aktivitäten in der Umwelt genauso sicher zu erfassen, wie hohe Aktivitäten bei Stör- und Unfällen. Um diese Leistung erbringen zu können bedarf es der Kombination der hochempfindlichen analytischen Verfahren der Strahlenschutzvorsorge in den Umweltlaboren mit dem besonderen Strahlenschutz im Radionuklidlabor, der einen Umgang mit hohen Aktivitäten überhaupt erst rmöglicht. In einem Radionuklidlabor der höchsten Schutzklasse können hohe Aktivitäten analytisch so aufbereitet werden, dass sie für die Analytik der Umweltlabore zugänglich werden.
Die Messungen im radiochemischen Labor erfolgen in Geräten, die gegenüber der Umgebungsstrahlung in hohem Maße abgeschirmt sind. Die Verfahren erfüllen durch die Abschirmungen den Standard von Low-Level-Messverfahren. Neben Messgeräten zur Erfassung von Summenparametern stehen hochselektive spektrometrische Analysemethoden für die Identifizierung und Quantifizierung einzelner Radionuklide zur Verfügung. Komplettiert wird das analytische Methodeninventar durch hochnuklidselektive, radiochemische Trennverfahren.
Die oben beschriebenen Verfahren unterliegen einem Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO/IEC 17025 und sind weitestgehend akkreditiert. Der Akkreditierungsbereich kann bei http://www.dakks.de/node/338 unter der „Regnr“ D-PL-14356-01-00 eingesehen werden.
.Mobiles Labor: Störfall-Fahrzeug
Bei „Ereignissen mit nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen“, z.B. bei Freisetzungen von radioaktiven Stoffen, ist es erforderlich, in der direkten Umgebung der Unfallstelle schnell Umweltradioaktivitäten mit Hilfe von nuklidselektiver Messtechnik, der Gammaspektrometrie abschätzen zu können. Bei besonderer Dringlichkeit ist der Weg von der Störfallstelle in das Hildesheimer Labor zu lang und zeitaufwändig. Aus diesem Grunde wurde ein mobiles Labor erprobt und bis zur Einsatzfähigkeit entwickelt.
Ein mobiles Labor zur Ermittlung von Radioaktivität in der Umwelt muss in der Lage sein, radiochemische Proben entgegenzunehmen, sie für die Messung vorzubereiten, zu messen und die Ergebnisse auf elektronischem Wege weiterzureichen. Bei Messungen von Umweltproben muss die Messung in einer Bleiabschirmung erfolgen, welche die Umgebungsstrahlung fernhält, denn im Normalfall ist die Menge an Umgebungsstrahlung in der „Laborumgebung“ höher als die Eigenstrahlung der Probe. Nur mit einer wirkungsvollen Abschirmung können radioaktive Stoffe künstlichen Ursprungs neben radioaktiven Stoffen natürlichen Ursprungs zuverlässig erfasst werden.
Diese nicht ganz alltäglichen, methodischen Herausforderungen hat der NLWKN mit einem mobilen Labor gelöst, dass auf einem Kleintransporter installiert ist. Der eigentliche Proben- und Messraum im Fahrzeug ist über ein Vorzelt zu erreichen. In dem Vorzelt befindet sich der Probeneingang, in dem Proben entgegengenommen und auf ontamination geprüft werden und in dem sich Kommunikationseinrichtungen befinden. Das Fahrzeug verfügt im hinteren Teil über einen Proben-Logistik-Raum, der zum Messraum hin durch eine Wand mit Probendurchreiche abgetrennt ist. Diese Trennung hat Schleusenfunktion und soll verhindern, dass der eigentliche Messraum durch außen an den Proben anhaftende Radionuklide kontaminiert wird. Der Messraum ist mit zwei Messkammern ausgestattet, deren Abschirmung aus jeweils einem 5 cm dicken Bleimantel besteht. Die Messung der Gammastrahlung erfolgt mit zwei Reinstgermanium-Detektoren. Anhand der Energien der Strahlung können die in den Umweltproben enthaltenen Nuklide ermittelt werden.
Der Einsatz dieses Fahrzeuges ist an nahezu beliebigen Orten möglich, da der Kleintransporter über Allradantrieb, einen eigenen Stromgenerator und hydraulisch nivellierbare Bodenständer verfügt. Selbst der Vorrat an flüssigem Stickstoff zur Kühlung der Detektoren reicht für mehrere Tage.
Artikel-Informationen
Ansprechpartner/in:
Dr. Sven Landsgesell
Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
An der Scharlake 39
31135 Hildesheim
Tel: 05121/509-142