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Marc Herlyn
Für das Festland selbstverständlich und für das Meer ebenso zutreffend ist die Abhängigkeit des pflanzlichen Wachstums von folgenden Umweltfaktoren:
Licht (als Energiequelle zur Produktion organischen Materials aus Kohlendioxid und Wasser)
Nährstoffe (Phosphat, Stickstoffverbindungen und Spurenelemente, die beim Stoffwechsel und Aufbau organischen Materials unentbehrlich sind)
Witterung (für das Wachstum optimale Temperaturverhältnisse, Wind zur Wasserdurchmischung, aber auch als zerstörendes Element)
Die Nordsee als flaches Randmeer mittlerer und höherer Breite ist schon durch ihre geographische Lage ein fruchtbares Meer. Die regelmäßige Umwälzung des Wasserkörpers bewirkt den Austauch von nährstoffreichem Tiefenwasser und sauerstoffreichem Oberflächenwasser. Zudem gilt besonders für die Deutsche Bucht mit maximalen Tiefen von lediglich 30 - 40 Metern, dass nur ein relativ kleiner Wasserkörper für die Aufnahme des Stoffeintrags aus den Flüssen Ems, Weser und Elbe zu Verfügung steht. Hinzu kommt, dass der durch Meeresströmung bewirkte Wasseraustausch in der Deutschen Bucht nur sehr langsam erfolgt. Somit steht den Pflanzen ein hohes Nährstoffangebot zur Verfügung. Da Nährstoffzufuhr durch die Flüsse ein natürlicher Vorgang ist, gehört auch ein erhöhter Nährstoffgehalt grundsätzlich zu den natürlichen Eigenschaften der Küstengewässer. Daraus folgt eine hohe pflanzliche Produktivität in Küstennähe. Wird allerdings durch den Menschen der Nährstoffeintrag so erhöht, dass dadurch Veränderungen des Ökosystems auftreten wie beispielsweise durch eine vermehrte pflanzliche Produktion, dann werden die Nährstoffe zu Schadstoffen.
Tier- und Pflanzengemeinschaften der Küstengewässer verändern sich auch durch Einschleppen neuer Arten, die mit dem Ballastwasser von Schiffen eingeführt werden oder aus Aufzuchtanlagen stammen. Oft können sich neue Arten durch das Fehlen von Räubern und/oder Krankheiten besonders gut ausbreiten. Sie verdrängen dadurch heimische Arten. Aktuelles Beispiel ist die im Wattenmeer sich ausbreitende pazifische Auster (Crassula gigas), die aus Aquakulturen in der Osterschelde und bei Sylt stammt.
Es sind immer einzellige Organismen, die zu den auffälligen Erscheinungen wie "Planktonblüten" und "Roten Tiden" führen. Der Begriff "Planktonblüte" beschreibt die Massenvermehrung zumeist nur einer Organismenart, die durch ihr dichtes Auftreten alle anderen Organismen zahlenmäßig und optisch in den Hintergrund treten lässt. Unter einer "Roten Tide" versteht man ein derart dichtes Auftreten bestimmter Organismenarten, dass diese das Wasser gelb, orange, rot oder braun verfärben. Diese Phänomene kommen teils natürlich vor, teils werden sie wohl durch die Umweltbelastung der Nordsee verursacht, vor allem aber verstärkt. Ende der 80er-Jahre sorgten in Nord- und Ostsee massenhafte Auftreten dieser Mikroplankton-Organismen, verbunden mit Wasserverfärbungen, Schaumbildung oder gar Giftproduktion, für Schlagzeilen. 1989 machten dann auch noch "Großalgen-Teppiche" im Wattenmeer von sich reden.
Die benthischen Groß- oder Makroalgen Ulva (Meersalat) und Enteromorpha (Darmtang) sind bis Meterlänge erreichende Grünalgen der Küste. Sie wachsen auf festem Untergrund (z.B. Fels, Buhnen, Muschelschill) und gehören daher nicht zum Plankton. Nur wenn sie von stürmischer See losgerissen werden, treiben sie im Wasser und werden am Flutsaum angespült. Da 1989 Teilbereiche des niedersächsischen Wattenmeeres bis zu 33 % mit den als Tang bezeichneten Algen bedeckt waren, sorgten auch sie für Aufregung. Das Watt wurde teilweise von so dicken "Matten" oder "Teppichen" bedeckt, daß es beim Absterben dieser dicken Algenlagen im darunter liegenden Sediment zu Sauerstoffmangel und zum Absterben der Bodenorganismen kam. Diese Algen sind nicht giftig; in Südostasien werden sie sogar gegessen. Ihr Bestand wird auf den gesamten niedersächsischen Wattflächen während der Sommermonate monatlich per Flugzeug kartiert.