Nicht tideoffene Marschengewässer – Subtyp 22.1
Bewertungen von nicht tideoffenen Marschengewässern anhand des Makrozoobenthos erfolgen mittels des MGBI-Verfahrens (Marschengewässer Benthos Index). Da es sich bei den nicht tideoffenen Gewässern ausnahmslos um Gewässer handelt, die als „erheblich veränderte“ (HMWB) oder künstlich geschaffene (AWB) Gewässer eingestuft sind, erfolgen die Bewertungen ausschließlich im Potenzial; eine Zustandsbewertung ist nicht relevant.
Das 2013 erstmalig vorgelegte MGBI-Verfahren wurde inzwischen anhand umfangreicher neuerer Daten, die im Rahmen des WRRL-Monitorings erhoben wurden, revidiert und aktualisiert (BIOCONSULT 2022). Dabei erfolgte u.a. eine kritische Kontrolle der zugrunde gelegten Referenzbedingungen inkl. des höchsten ökologischen Potenzials.
Insgesamt umfasst der Taxapool der nicht tideoffenen Maschengewässer inzwischen ca. 2.300 Taxa, wobei im MGBI-Verfahren für 1.504 Taxa EcoWerte definiert wurden.
Bei den Analysen der Makrozoobenthos-Artengemeinschaften ergab sich in Niedersachsen und Bremen innerhalb der Marschengewässer des Subtyps 22.1 keine eindeutige Differenzierung in geestnähere – und somit vermehrt u.a. durch fließgewässertypische Arten geprägten Abschnitten – und geestferne Marschengewässer, die einen deutlicheren Stillgewässercharakter haben. Letztlich bleibt es vor Ort fachlich zu entscheiden, ob eine Messstelle dem Subtyp „Geestnah“ zuzuordnen wäre und damit die Fließgewässerkomponente Bestandteil des Bewertungsmaßstabs ist.
In Schleswig-Holstein ist dieser Subtyp offenbar deutlicher ausgebildet, so dass Bewertungstools mit unterschiedlichen Ankerpunkten für Niedersachsen und Bremen bzw. Schleswig-Holstein erstellt wurden.
Der MGBI spiegelt das Ausmaß einer allgemeinen Degradation der Marschengewässer wider. Wesentliche Faktoren sind in diesem Zusammenhang Gewässerstruktur, Unterhaltungsmanagement, Stoffbelastung (v.a. Salz, aber auch Sauerstoff u.a.), Trübung oder Eutrophierung, wobei ein jeweiliger Gewässerzustand i.d.R. Resultat der Kombination bzw. der Interaktion der genannten Faktoren ist. Mindestens zeitweise durch Salzeinfluss geprägte Bereiche der geschöpften Marschengewässer zeichnen sich sowohl durch eine geringere Arten- als auch eine geringere Individuenzahl aus. Solche Brackwasserbereiche mit deutlichen, aber nicht tide-zyklischen Salinitätsschwankungen, stellen besondere physiologische Anforderungen selbst an vergleichsweise salztolerante Arten. Je geringer die Salinitätsschwankungen, desto stärker dürften sich andere Faktoren, wie Nahrungs- und Habitatangebot auf die Zusammensetzung der Fauna auswirken.
Der im Auftrag des NLWKN erstellte und mit den anderen drei Bundesländern abgestimmte Bericht zum MGBI-Verfahren (Bioconsult 2013) sowie entsprechende Bewertungstools für die beiden Untereinheiten „Marschen“ und „Geestnah“ (getrennt für Niedersachsen & Bremen bzw. Schleswig-Holstein) inkl. Kurzanleitung sind in der revidierten, aktuellen Version aus dem Jahr 2022 frei verfügbar (MGBI für Subtyp 22.1).
Großmuschel aus dem Norder Tief
Artikel-Informationen
Ansprechpartner/in:
Dr. Oliver-David Finch
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