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Güteüberwachung

In den letzten Jahrzehnten hat sich im niedersächsischen Wattenmeer ein qualitativer Wandel vollzogen. Noch in den 60er Jahren war es eine Selbstverständlichkeit für die einheimische Bevölkerung, sich im Watt mit Plattfisch zu vorsorgen, der mit der Hand gefangen wurde. Dieses "Buttgrabbeln" gibt es heute nicht mehr, weil der Butt selten geworden ist in den Prielen und große Exemplare gar nicht mehr auftreten. Miesmuschelbänke, die eine Höhe von bis zu einem Meter erreichten, sind heute kaum mehr vorstellbar. Die Riffe der Sandkoralle Sabellaria, aus Sand zusammengeklebte Wohnröhren dieses koloniebildenden Borstenwurmes, waren früher eine verbreitete Struktur der Rinnen im Wattenmeer. Heute ist an der niedersächsischen Küste nur noch ein einziges Riff bekannt. Die Seegrasbestände der regelmäßig trockenfallenden Wattflächen beträgt nur noch einen Bruchteil der Ausdehnung von vor 1970. Dafür tummeln sich seit wenigen Jahren auf den Sandwatten mikroskopisch kleine Augenflagellaten in solcher Dichte, daß der Boden tiefgrün gefärbt ist. Es drängt sich die Vermutung auf, dass solch elementare Veränderungen zum großen Teil Resultat menschlichen Handelns sind (überhöhter Nährstoffeintrag, Schadstoffeinleitungen, Fischerei, Baumaßnahmen zum Insel- und Küstenschutz, Eingriffe für die Schifffahrt, Folgen der Schifffahrt, Tourismus). Doch auch natürliche Belastungen, wie extrem schwankende Witterungsverhältnisse, stellen Stressfaktoren für das Ökosystem Wattenmeer dar. Bei der Gegenüberstellung von natürlichen und von anthropogenen Belastungen wird deutlich, dass sich Kausalketten nur schwer herausarbeiten lassen.

Dennoch gibt es aber auch durchaus positive Aspekte: das von "Schwarzen Flächen" heimgesuchte Watt hatte sich unerwartet schnell erholt, die Blüten der Schleimkugel- oder Schaumalge Phaeocystis sind bei weitem nicht mehr so intensiv wie noch in der ersten Hälfte der neunziger Jahre, ebenso ist das großflächige Auftreten der grünen Großalgen Meersalat und Darmtang rückläufig. Der Seegrasbestand hat sich im letzten Jahrzehnt leicht erholt. Auch nach der zweiten Staupe-Epidemie der Seehunde wartet die Natur mit einer Höhe der Reproduktionsrate auf, wie man sie den Seehunden aufgrund ihrer Belastung mit organischen Schadstoffen ursprünglich nicht zugetraut hätte. Dies gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Noch besitzt das niedersächsische Wattenmeer offenbar Regenerationsmöglichkeiten. Bekanntlich wird aber ein Organismus unter Stress anfälliger gegenüber zusätzlichen Belastungen. Sollte der anthropogen verursachte Stress zu groß werden, wäre das System den natürlichen Belastungen nicht mehr gewachsen. Daher muss das Vorsorgeprinzip Vorrang beim Schutz der Küstengewässer und des Wattenmeeres haben, denn der Punkt der Überbeanspruchung durch den Menschen könnte eintreten, bevor die Folgen sichtbar sind. Möglicherweise ist es dann zu spät.

Der Schutz des Wattenmeeres kann wegen seiner Ausdehnung von Texel in den Niederlanden bis nach Esbjerg in Dänemark nur durch eine internationale Zusammenarbeit effektiv gestaltet werden. Auf der 8. Trilateralen Konferenz zum Schutz des Wattenmeeres in Stade wurde ein Wattenmeerplan verabschiedet, der die 'Gemeinsamen Ziele' der drei Anrainer beschreibt. Durch angemessene Schutz- und Managementmaßnahmen soll gewährleistet werden, dass jeder der sechs Habitattypen erhalten wird und eine bestimmte Qualität aufweist (natürliche Dynamik, keine Störungen, keine Verschmutzung). Für das Wasser und die Sedimente sind ebenfalls Qualitätsziele vereinbart. Niedersachsen hat seinen Teil am Wattenmeer 1986 per Verordnung zum Nationalpark erklärt. Durch das Nationalparkgesetz wurde 1999 der Schutz auf eine festere rechtliche Basis gestellt, die Novelle des Gesetzes wurde am 15. Juli 1999 rechtskräftig.

Niedersachsen trägt nicht nur direkte Verantwortung für sein Küsten- und Wattenmeer. Aufgrund des Wasseraustausches zwischen offener See und Küste und der Bedeutung des Lebensraumes Wattenmeer für wandernde Meerestiere wie Seehunde und Fische ist das Land auch mitverantwortlich für den Schutz der Nordsee. Folgerichtig wird der Zustand der marinen Ökosysteme kontinuierlich beobachtet, um Veränderungen festzustellen, ihre Ursachen zu ermitteln und zu zeigen, inwiefern Maßnahmen zur Erfüllung der Schutzziele Früchte tragen. Die Küstengewässer werden im Rahmen zweier Umweltbeobachtungsprogramme überwacht. Das "Gemeinsame Bund/Länder-Meßprogramm" (BLMP) verfügt über ein Stationsnetz, das von den Flussmündungen bis in die offene Nordsee reicht. Das "Trilateral Monitoring and Assessment Program" (TMAP) beschränkt sich auf den Bereich des Wattenmeeres. In diesem Programm kooperieren die Wattenmeer-Anrainer Dänemark, Niederlande und Deutschland. Von erheblicher Bedeutung wird zukünftig die am 23. Oktober 2000 in deutsches Recht umgesetzte EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) sein; sie misst neben den Süßgewässern auch den Flußmündungen und den Küstengewässern hohe Bedeutung bei.

Überwachung der Küstengewässer Niedersachsens Bildrechte: FSK
Überwachung der Küstengewässer Niedersachsens

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Katrin Weddermann

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